Gesetzestext

 

(1) 1Reicht das Ergebnis der unbeeidigten Aussage einer Partei nicht aus, um das Gericht von der Wahrheit oder Unwahrheit der zu erweisenden Tatsache zu überzeugen, so kann es anordnen, dass die Partei ihre Aussage zu beeidigen habe. 2Waren beide Parteien vernommen, so kann die Beeidigung der Aussage über dieselben Tatsachen nur von einer Partei gefordert werden.

(2) Die Eidesnorm geht dahin, dass die Partei nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe.

(3) Der Gegner kann auf die Beeidigung verzichten.

(4) Die Beeidigung einer Partei, die wegen wissentlicher Verletzung der Eidespflicht rechtskräftig verurteilt ist, ist unzulässig.

A. Beeidigung der Partei.

 

Rn 1

Eine Beeidigung steht – wie beim Zeugen – im pflichtgemäßen Ermessen des Prozessgerichts.

I. Grundsatz.

 

Rn 2

Grds bleibt die Partei (wie der Zeuge) unvereidigt. Im Schrifttum wird empfohlen, von der Möglichkeit der Beeidigung im Vergleich zum Zeugenbeweis verstärkt Gebrauch zu machen, auch um den Unterschied zur bloßen Parteianhörung zu betonen (MüKoZPO/Schreiber Rz 1). Die Praxis reagiert eher zurückhaltend. Eine Beeidigung kann erfolgen, wenn das Ergebnis der unbeeidigten Aussage nicht ausreicht, um das Gericht von der Wahrheit oder Unwahrheit der zu erweisenden Tatsache zu überzeugen. Nicht im Gesetz genannt, aber ebenfalls von Relevanz ist die Bedeutung der Aussage (St/J/Berger Rz 2).

II. Ermessen des Gerichts.

 

Rn 3

Eine Regel, bei Vernehmung des Beweislastträgers grds eine Beeidigung vorzunehmen (so Musielak/Voit/Huber Rz 1), lässt sich nicht begründen. Eine Beeidigung der Partei kann angebracht sein, wenn das Gericht bereits weitgehend von der Richtigkeit der Aussage überzeugt ist und die Beeidigung somit den Zweck hat, den Beweiswert zu erhöhen. Die Beeidigung kommt aber auch dann in Betracht, wenn das Gericht Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage hat und die Partei durch die Verpflichtung zur Eidesleistung zur sorgfältigen Erforschung ihres Erinnerungsvermögens anhalten will. Hält das Gericht die Angaben der Partei nicht für glaubhaft, sollte von einer Beeidigung abgesehen werden (Anders/Gehle/Gehle ZPO Rz 4). Soweit die Aussage für die vernommene Partei ungünstig ist, besteht regelmäßig kein Anlass zur Beeidigung. Zur Beeidigung in Ehesachen vgl § 113 IV Nr 8 FamFG.

III. Einschränkung.

 

Rn 4

Nach Abs 1 S 2 darf im Falle der Vernehmung beider Parteien die Beeidigung der Aussage nur von einer gefordert werden. Stimmen die beiden Aussagen überein, greift die Einschränkung ihrem Zweck nach nicht ein, doch wird in einem solchen Fall die Beeidigung ohnehin entbehrlich sein. Welcher Partei der Eid abgenommen wird, entscheidet das Gericht nach seinem Eindruck von der Glaubwürdigkeit. Bei gleicher Vertrauenswürdigkeit soll die nicht beweisbelastete Partei vereidigt werden (Musielak/Voit/Huber Rz 2; aA Anders/Gehle/Gehle ZPO Rz 6).

B. Unzulässigkeit der Beeidigung.

 

Rn 5

Ein Verbot der Beeidigung besteht bei Verzicht des Gegners nach Abs 3 und nach Abs 4 für eine Partei, die wegen wissentlicher Verletzung der Eidespflicht (§§ 154 ff StGB) rechtskräftig verurteilt ist. Nach St/J/Berger Rz 15 ist diese Regelung mit der Aufhebung des § 161 StGB (Eidesunfähigkeit des Zeugen als strafrechtliche Nebenfolge) als obsolet zu betrachten (dagegen Anders/Gehle/Gehle ZPO Rz 9). Für Prozessunfähige vgl § 455 II.

C. Verfahren.

 

Rn 6

Eine Verpflichtung zur Eidesleistung besteht nicht; die vernommene Partei kann den Eid verweigern (§ 453 II). Darüber und über die Folgen der Verweigerung für die Beweiswürdigung sollte die Partei belehrt werden, auch wenn das Gesetz eine förmliche Belehrung nicht vorschreibt. Ebenso ist die Partei vor der Beeidigung darauf hinzuweisen, dass eine falsche uneidliche Aussage zwar nicht nach § 153 StGB strafbar ist, aber ein (versuchter) Prozessbetrug in Betracht kommt. Die Beeidigung wird durch einen – im Termin zu verkündenden – Beschl angeordnet, dem eine Anhörung der Parteien vorausgehen muss. Die Anhörung des Gegners ist schon wegen der Möglichkeit des Verzichts nach Abs 3 unerlässlich. Bei Nichtbeeidigung ist kein Beschl erforderlich. Wenn ein Antrag auf Beeidigung gestellt war, ist im Urt zu begründen, warum diesem keine Folge geleistet wurde. Zur Abnahme des Eides vgl § 452 II und §§ 478–484. Wie bei der Zeugenaussage (vgl § 391 Rn 5) kann die Beeidigung auf die wesentlichen Punkte der Aussage beschränkt werden (MüKoZPO/Schreiber Rz 1). Zur Beeidigung im Berufungsverfahren § 536.

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