Rn 14

Arzthaftung. In Fällen der Arzthaftung ist für die Bestimmung des Erfolgsorts maßgeblich, wo der Gesundheitsschaden eingetreten ist. Das gilt bei Behandlungs- wie auch bei Aufklärungsfehlern (vgl BGHZ 176, 342, 346 f; Hamm GesR 15, 632). Tritt der Gesundheitsschaden aufgrund einer in mehreren Schritten und an verschiedenen Orten erfolgten Heilbehandlung erst nach der Krankenhausentlassung am Wohnort des Patienten zutage, kann dort für die Ansprüche gegen alle Haftungsschuldner (etwa Notarzt, Krankenhausarzt, Krankenhausträger) der Gerichtsstand des § 32 begründet sein (vgl Kobl MedR 11, 251 [OLG Koblenz 18.08.2010 - 5 W 450/10]; Saarbr 7.9.20 – 5 Sa 1/20). Bloße Folgeschäden begründen keinen neuen Gerichtsstand nach § 32, ebenso wie bloße Auswirkungen einer bereits an einem anderen Ort vollendeten Körperverletzung (BayObLG MDR 22, 1284; Köln NJW-RR 09, 569 [OLG Köln 16.06.2008 - 5 U 238/07]). Anderes gilt aber, wenn eine weitere Gesundheitsschädigung oder schwere Nebenwirkungen infolge einer fehlerhaften oder unzureichenden Behandlung auftreten, die als eigenständiger tatbestandlicher Erfolg iSd § 823 I BGB angesehen werden und vom Kl/ASt entsprechend vorzutragen sind (BGHZ 176, 342 Tz 16; BayObLG MDR 22, 1284 mwN). Haben mehrere Bekl an verschiedenen Begehungsorten einen Behandlungsfehler begangen, so führt dies nicht zwangsläufig zu einem ›gemeinschaftlichen‹ Begehungsort. An einer Gemeinschaftlichkeit fehlt es dann, wenn eine unerlaubte Handlung iSd § 32 bereits vollständig seitens eines Bekl verwirklicht worden ist (Ddorf MedR 11, 40 [BGH 14.06.2010 - II ZR 135/09]). S.a. ›Körperverletzung‹

Betrug/Untreue/Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen. Zum Betrugstatbestand gehört die zu einem Schaden führende Vermögensverfügung, weshalb beim Anlagebetrug (vgl § 264a StGB, dazu näher Naumbg OLGR 05, 235 ff) der Begehungsort auch dort liegt, wo die belastende Kontoverfügung ausgeführt worden ist (vgl BayObLG Rpfleger 04, 365 f [BayObLG 22.01.2004 - 1 Z AR 4/04]; Zö/Schultzky Rz 20 ›Anlagebetrug‹). Bei der Veruntreuung von Anlagevermögen entscheidet der Ort, wo die Anlage geführt wird (BGH NJW-RR 08, 516, 518 [BGH 06.11.2007 - VI ZR 34/07] zu Art 5 EuGVÜ). Bei der Schadensersatzklage wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a StGB) liegt der Begehungsort am Sitz der zuständigen Einzugsstelle (Brandbg 22.1.02 – 6 U 591/00).

Gesundheitsschäden. S ›Arzthaftung‹ und ›Körperverletzung‹.

Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht. Der Begehungsort ist der Ort der Verletzungshandlung, nicht dagegen der Wohnsitz des Rechteinhabers (vgl BGHZ 52, 108, 110 f; München OLGR 09, 523). Zu beachten ist aber der – auch für einstweilige Verfügungsverfahren geltende (Hambg GRUR-RR 14, 109) – ausschließliche Gerichtsstand des § 104a UrhG, wonach eine Klage in Urheberrechtsstreitsachen gegen eine nicht gewerblich handelnde natürliche Person nur am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort der Person zulässig ist. Beim Verbreiten einer schutzrechtswidrig hergestellten Ware liegt der Begehungsort nach richtiger Auffassung nicht nur am Ort des Verkaufs, sondern überall dort, wo wesentliche, auf Warenabsatz gerichtete Teilhandlungen vorgenommen worden sind (Zö/Schultzky Rz 20 ›Schutzrechtsverletzung‹; München GRUR 90, 677 f; LG Mainz BB 71, 143; allg zu Teilakten BGHZ 40, 391, 395; zu Patentverletzungen vgl auch Kühnen GRUR 97, 19 ff). Unerheblich ist, wohin die Ware durch den Empfänger verbracht wurde (vgl München IPRsp 94, 393 ff; Zö/Schultzky Rz 20 ›Schutzrechtsverletzung‹). Bei im Internet begangenen Verletzungen stellt sich die Problematik des sog fliegenden Gerichtsstands. Der I. Zivilsenat hat nunmehr unter ausdrücklicher Aufgabe seiner bisherigen Rspr entschieden, dass der Erfolgsort iSd § 32 für behauptete Verletzungen des Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte durch ein öffentliches Zugänglichmachen des Schutzgegenstands über eine Internetseite im Inland belegen ist, wenn die geltend gemachten Rechte im Inland geschützt sind und die Internetseite (auch) im Inland öffentlich zugänglich ist. Dagegen sei nicht erforderlich, dass der Internetauftritt bestimmungsgemäß (auch) im Inland abgerufen werden kann (BGH GRUR 16, 1048 [BGH 21.04.2016 - I ZR 43/14] – An Evening with Marlene Dietrich – mwN; hieran anschließend Frankf GRUR-RR 20, 57 – our books). Der BGH hat sich dabei insbesondere auf die Rspr des EuGH zur gerichtlichen Zuständigkeit für Klagen wegen Verletzungen des Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte bezogen. Inwieweit diesen Ausführungen allgemeine Bedeutung für Internetsachverhalte zukommt, bleibt abzuwarten (zum fliegenden Gerichtsstand s.a. Rn 15, 16). Zu Kostenerstattungsansprüchen vgl Rn 7.

Körperverletzung. Bei Gesundheitsschädigungen und Körperverletzungen liegt der Erfolgsort grds am Ort der vollendeten Primärverletzung, mithin am Wohnsitz des Geschädigten, wenn der Verletzungserfolg dort eingetreten ist (BGH NJW 90, 1533; BGHZ 176, 342 Tz 16; BayObLG MDR 22, 1284). Allerdings ...

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