Rn 6

Bei einheitlichem Streitgegenstand (Abs 1 S 1 Var 2) muss derjenige Teil, über den entschieden werden soll, ein (quantitativ, gegenständlich und/oder zeitlich) abgrenzbarer und eindeutig individualisierbarer Teil sein (BGHZ 108, 256, 260; NJW 92, 1769, 1770).

 

Rn 7

Kasuistik: Teilbarkeit des Streitgegenstands ist gegeben, wenn ein materieller Anspruch aus mehreren Einzelposten zusammengesetzt ist (BGHZ 108, 256, 260 = NJW 1989, 2745; BGH NJW 92, 1769, 1770); erforderlich ist aber eine eindeutige ziffernmäßige Konkretisierung der einzelnen Posten; zu Abs 1 S 2 unten Rn 17. Teilbarkeit ist nicht gegeben, wenn ein für einen Gesamtzeitraum bestehender Anspruch künstlich in einzelne Zeiträume geschnitten werden soll (BGHZ 108, 256, 260 f = NJW 1989, 2745), außerdem nicht, wenn ein Saldo Gegenstand der Klage ist (Zweibr MDR 82, 1026). Unzulässig ist ein Zwischen(teil)urteil über den Grund, mit dem ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten festgestellt werden soll (Bremen BeckRS 10, 11882 = IBR 10, 2965). Keine Teilbarkeit bei Ansprüchen aus Enteignung und Aufopferung im Hinblick auf einzelne Berechnungsfaktoren (vgl BGH WM 97, 1163, 1164 [BGH 10.04.1997 - III ZR 104/96]). Ziffernmäßig nicht konkretisierte Zinsansprüche können nicht von der Hauptforderung getrennt werden. Ansprüchen kann schon ihrer Natur nach die Teilbarkeit fehlen, so bei aktienrechtlichen und sonstigen Gestaltungsklagen (BGH NJW 99, 1638 [BGH 01.03.1999 - II ZR 305/97]). Nach Auffassung des BAG fehlen der Kündigungsschutzklage und dem Auflösungsantrag nach § 9 I KSchG die Teilbarkeit (BAG NJW 80, 1485, 1485 f; NJW 82, 1118, 1119 [BAG 29.01.1981 - 2 AZR 1055/78]). Es ist daher unzulässig, über die Sozialwidrigkeit der Kündigung durch ein Teilurteil vorab zu entscheiden und die Entscheidung über die Auflösung gegen Abfindung einem Schlussurteil vorzubehalten (BAG NJW 80, 1484, 1485f). Anders ist es ggf bei Klagen auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses bis zu einem bestimmten Zeitpunkt und bei Kündigungsschutzklage mit Streit über Wirksamkeit und einzuhaltende Kündigungsfrist (BAG NJW 91, 3170, 3172 [BAG 21.03.1991 - 2 AZR 323/84 (A)]); hier kann aber die Gefahr der Widersprüchlichkeit bestehen. Ein Unterlassungsbegehren ist nicht schon eo ipso unteilbar (BGH NJW-RR 89, 263, 265 [BGH 14.12.1988 - VIII ZR 31/88]). Der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB ist nicht teilbar (München NJW-RR 92, 1191, 1192). Anders ist es, wenn mehrere Schmerzensgeldansprüche wegen mehrerer Schadensereignisse geltend gemacht werden (Oldbg VersR 86, 926). Ein einheitlicher Schmerzensgeldanspruch ist dem Grundsatz nach nicht teilbar (Ddorf NJW 97, 2333, 2334 [OLG Düsseldorf 29.11.1996 - 22 U 72/96], Naumbg 21.1.10 – 1 U 66/09, BeckRS 10, 05520); die Rspr lässt es aber zu, eine Teilbarkeit durch zeitliche Zäsur herzustellen (Teilschmerzensgeld für den bei Verhandlungsschluss vergangenen Zeitraum, BGH NJW 04, 1243, 1244 [BGH 20.01.2004 - VI ZR 70/03]). Aber auch dann greift Abs 1 S 2, also kein Teilurteil über Schmerzensgeld ohne Grundurteil über weitere Ersatzansprüche (Kobl MDR 03, 1373). Bei Verbindung einer Klage auf Schmerzensgeld für vergangene Schmerzen und Feststellungsklage wegen des Zukunftschadens gilt schon vornherein Abs 1 S 1 Var 1; es besteht dann aber ggf die Gefahr widersprechender Urteile (anders Köln r+s 15, 569). Über Scheidungs- und Folgesachen kann nur unter den Voraussetzungen des Abs 1 S 2 entschieden werden (§ 623 aF); außerhalb des Verbunds kommt ein (isoliertes) Teilurteil wegen des Versorgungsausgleichs in Betracht (BGH NJW 84, 1543, 1544 [BGH 29.02.1984 - IVb ZB 28/83]), aber auch hier keine isolierte Zurückweisung des Ausgleichsbegehrens (Oldbg NJW-RR 92, 712f [OLG Oldenburg 18.11.1991 - 12 UF 90/91]). Liegt ein aussonderbarer Teil des Verfahrensgegenstands vor, kann eine Teilentscheidung zum Versorgungsausgleich bei VBL-Anrechten ergehen, wenn der Rentenfall wenigstens kurz bevorsteht (BGH NJW-RR 09, 1081, 1083 [BGH 18.02.2009 - XII ZB 54/06]). Bei Scheidungsfolgesachen müssen die Voraussetzungen für eine Abtrennung vorliegen (Naumbg NJW 09, 2964, 2965 [OLG Naumburg 03.03.2009 - 3 UF 150/08]). Eine tw Abweisung einer Klage auf Auszahlung des Pflichtteils ist unzulässig, wenn die Höhe des Nachlasses noch nicht ermittelt ist und daher unklar ist, ob die Abweisung auf zu geringen Aktiva oder zu großen Passiva beruht (BGH NJW 64, 205). Nach neuer Rspr sind Ansprüche aus Prospekthaftung und aus Haftung wegen fehlerhafter Anlageberatung zwei Lebenssachverhalte und daher teilbar schon unter Abs 1 S 1 Var 1 (BGH WM 10, 1895, 1896; München 12.7.10, 19 U 5240/09, BeckRS 10, 16935 = WM 10, 1895, 1896).

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