Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung des Ehescheidungsverbundes. Entscheidung über den Ehescheidungsantrag vor der Entscheidung über eine Folgesache

 

Leitsatz (amtlich)

Gibt das Familiengericht dem Scheidungsantrag vor der Entscheidung über eine Folgesache statt, ohne dass die Voraussetzungen für eine Abtrennung vorliegen, handelt es sich um ein unzulässiges Teilurteil, das nach § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO der Aufhebung unterliegt.

Bei mehreren Scheidungsfolgesachen kann nur diejenige abgetrennt werden, bei der die Voraussetzungen vorliegen.

 

Normenkette

ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 7, § 628

 

Verfahrensgang

AG Stendal (Urteil vom 10.06.2008; Aktenzeichen 5 F 567/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des AG - Familiengerichts - Stendal vom 10.6.2008 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das vorbezeichnete AG - Familiengericht - zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsmittelverfahrens übertragen werden.

Im Übrigen werden Gerichtskosten für das Berufungsverfahren nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf insgesamt 18.200 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Parteien sind getrennt lebende Ehegatten.

Mit Schriftsatz vom 31.8.2007 hat der Antragsteller beantragt, die am 10.8.1974 vor dem Standesbeamten des Standesamtes B., Kreis T., zur Heiratsregister-Nr. 6/1974 geschlossene Ehe zu scheiden und den Versorgungsausgleich durchzuführen, weil die Parteien seit dem 2. Quartal 2006 dauerhaft getrennt lebten und er, der Antragsteller, nicht mehr bereit sei, die eheliche Lebensgemeinschaft wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, das Scheidungsgesuch zurückzuweisen.

Sie hat bestritten, dass die Parteien überhaupt getrennt leben würden. So bewohne der Antragsteller keine separate Einliegerwohnung. Vielmehr handele es sich bei dem Einfamilienhaus um ein Haus mit nicht abgeschlossenen Räumen, die beiden Ehepartnern zugänglich seien. Auch sei das Getrenntleben der Parteien frühestens ab dem 5.4.2007 festzustellen.

Im Termin vom 18.6.2008 hat das AG - Familiengericht - Stendal durch Beschluss die Folgesache Ehewohnung und Hausrat unter Bezugnahme auf "§ 628 Abs. 1 Nr. 4 ZPO" abgetrennt, weil mit der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu rechnen sei. Des Weiteren hat es gemäß den "§ 628 Abs. 1 Nr. 1 und 4 ZPO" die am "13.6.2008" anhängig gemachte "Auskunftsklage zum Zugewinnausgleichsverfahren" abgetrennt (Bl. 29 d.A.).

Mit Urteil vom 18.6.2008 (Bl. 36 ff. d.A.) hat das AG - Familiengericht - Stendal sodann die am 10.8.1974 von den Parteien vor dem Standesbeamten des Standesamtes B. geschlossene Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich ausgesetzt. Zur Begründung für den Scheidungsausspruch hat das AG angegeben, die Scheidung habe gemäß den §§ 1564, 1565 Abs. 1 BGB erfolgen müssen. Denn die Ehe der Parteien sei gescheitert und die Ehepartner lebten seit mehr als einem Jahr getrennt. So lehne der Antragsteller die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft vehement ab und beide Parteien lebten - so ihre nach Ansicht des AG glaubhafte Anhörung - seit mindestens April 2007 getrennt.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe der vorbezeichneten Entscheidung (Bl. 37 ff. d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 16.7.2008 zugestellte Urteil hat die Antragsgegnerin mit am 15.8.2008 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach gewährter Fristverlängerung mit am 15.10.2008 eingegangenem Schriftsatz fristgerecht begründet hat.

Die Antragsgegnerin vertritt die Ansicht, die vom AG vorgenommene Abtrennung des im Scheidungsverbund noch anhängigen Verfahrens auf Zuweisung der Ehewohnung und des Hausrats sowie des Zugewinnausgleichsverfahrens verstoße gegen § 628 ZPO und sei demzufolge rechtswidrig erfolgt. Denn es könne schon nicht festgestellt werden, dass die Entscheidung über die weiteren Folgesachen den Scheidungsausspruch so lange hinauszögern würde, dass dies für den Antragsteller eine unzumutbare Härte im Sinne der vorgenannten Norm darstellen würde. Im Übrigen sei auch zu berücksichtigen, dass sie, die Antragsgegnerin, dem Scheidungsantrag des Antragstellers nicht zugestimmt habe. Zudem sei für eine streitige Scheidung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung die notwendige Trennungszeit noch nicht abgelaufen gewesen.

Die Antragsgegnerin beantragt, das am 18.6.2008 verkündete Urteil des AG - Familiengerichts - Stendal aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG - Familiengericht - Stendal zurückzuverweisen.

Der Antragsgegner beantragt, die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene amtsgerichtliche Entscheidung und meint, die Scheidung sei zu Recht erfolgt. Denn nachdem beide Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem AG mit der Abtrennung der Folgesachen einverstanden gewesen seien, habe das AG zu Recht die Folgesachen w...

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