Rn 52

Verspätetes, zurückgewiesenes Vorbringen führt nicht dazu, dass keine Sachprüfung stattfindet, nur bleibt bei dieser das Vorbringen unbeachtet: Die Zurückweisung bewirkt, dass die Sachprüfung so vorzunehmen ist, als hätte die Partei das verspätete Vorbringen nicht vorgetragen (BGH NJW-RR 96, 961). Wird nur durch verspäteten Vortrag erheblich bestritten, bleibt der Vortrag der anderen Partei insoweit unstr (§ 138 III). Bestrittene Tatsachen, für die nur verspätet Beweise angetreten werden, bleiben unbewiesen. Bei der rechtlichen Würdigung von Anträgen oder Einwendungen bleibt der verspätete Vortrag außen vor (BGH NJW 61, 115). Als Folge bleibt ggf die (streitige) Verteidigung, eine Forderung sei erfüllt, zB durch Zahlung oder außerprozessual erklärter Aufrechnung, (trotz § 389 BGB) unberücksichtigt. Allgemein gilt bei Gestaltungsmitteln, dass idR nicht die materiell-rechtliche Ausübung, aber die Behauptung, dass die erforderlichen Tatsachen vorgelegen hätten und dass das Recht ausgeübt worden sei, verspätet sein kann (Rn 7; MüKoZPO/Prütting Rz 51–53). Entsprechendes gilt bei Einreden iSd BGB (MüKoZPO/Prütting Rz 54).

 

Rn 53

Bei einer Aufrechnung, die erstmals im Prozess erklärt und zugleich geltend gemacht wird (Prozessaufrechnung; dazu § 145 Rn 14 f), und bei der zwar die Erklärung, dass aufgerechnet werde (§ 388 S 1 BGB), zulässig ist und rechtzeitig erfolgt und geltend gemacht wird, jedoch der (schon gegebene, Rn 6) ausfüllende Tatsachenvortrag zu den Voraussetzungen der Aufrechnung verspätet vorgetragen wurde, bleibt dieser Vortrag nach § 296 unberücksichtigt. Eine deshalb ggf folgende Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, ist bis zur Höhe des Betrags, für den die Aufrechnung geltend gemacht wurde, der Rechtskraft fähig (§ 322 II). Denn eine solche aberkennende Entscheidung liegt auch vor, wenn die Aufrechnung aus prozessualen Gründen scheitert, insb wegen Verspätung tatsächlichen Vorbringens oder wegen fehlender Substantiierung (BGH NJW-RR 91, 971, 972 [BGH 12.12.1990 - VIII ZR 355/89]; aA Palandt/Grüneberg § 388 Rz 2). Ist dagegen schon der Aufrechnungseinwand selbst verspätet und deshalb zurückgewiesen worden, so wird nach hM (vgl PWW/Pfeiffer § 388 Rz 8; Staud/Gursky Vorb §§ 387 ff Rz 31 ff) die Gegenforderung nicht mit Rechtskraftwirkung aberkannt. Statt das Risiko einer Verspätung einzugehen bietet sich an, die Gegenforderung durch Widerklage geltend zu machen (Rn 58).

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