Rn 17

Nach § 284 I 2 sind im Urt die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Diese Begründungspflicht dient sowohl als Grundlage für eine Überprüfung der Entscheidung durch das Rechtsmittelgericht als auch der Selbstkontrolle des Richters, der dadurch gezwungen wird, die wesentlichen Gesichtspunkte seiner Überzeugungsbildung im Urt nachvollziehbar darzulegen (BGH NJW 91, 1894, 1895). Das Gericht braucht dabei nicht auf jedes einzelne Beweismittel ausf einzugehen. Das Urt muss lediglich erkennen lassen, dass eine umfassende Beweiswürdigung überhaupt stattgefunden hat (BGH NJW-RR 05, 568, 569 [BGH 13.01.2005 - III ZR 238/04]; 13, 1240 [BGH 31.07.2013 - VII ZR 11/12]). Eine nähere Begründung ist zB vonnöten, wenn ein Zeuge als unglaubwürdig angesehen werden soll (BGH NJW 91, 3284 [BGH 13.03.1991 - IV ZR 74/90]; Köln OLGR 98, 56f), wenn das Gericht auf Grund seiner eigenen Sachkunde von den Feststellungen eines sachverständigen Zeugen (BGH NJW 03, 1325, 1326 [BGH 25.10.2002 - V ZR 293/01]) oder Sachverständigen (BGH NJW 97, 1446 [BGH 21.01.1997 - VI ZR 86/96]) abweichen oder wenn es bei Vorliegen zweier sich widersprechender Gutachten für eines von beiden entscheiden will (BGH NJW-RR 04, 1679, 1680 [BGH 22.09.2004 - IV ZR 200/03]; 14, 760, 761 [BGH 11.03.2014 - VI ZB 22/13]). Unzureichend als Begründung sind die in der Praxis weit verbreiteten Floskeln und Leerformeln (vgl dazu Kirchhoff NJW 99, 1473, 1474; Oberheim Rz 1790; gegen die Verwendung von ›formelhaften Wendungen‹ auch BGH MDR 00, 323, 324; BAGE 102, 111, 116 [BAG 31.07.2002 - 10 AZR 513/01] = NJW 03, 1685, 1686 [BAG 10.10.2002 - 2 AZR 472/01]). Formulierungen wie ›Die Aussage war in sich klar und widerspruchsfrei‹ oder ›Der Zeuge hat den Sachverhalt lebendig und anschaulich geschildert‹ (weitere Beispiele bei Baumgärtel/Laumen Bd 1 Kap 4 Rz 14) sind als Begründung unbrauchbar, weil ihnen letztlich kein Aussagewert zukommt. Sie können nämlich ohne weiteres für, aber auch gegen die Glaubhaftigkeit einer Aussage herangezogen werden. Bei einem Sachverständigengutachten reicht es nicht aus, dass das Gericht umfänglich aus dem Sachverständigengutachten zitiert und sich diesem dann – ohne dass eine kritische Prüfung erkennbar wird – in einem Satz anschließt (BVerfG NJW 97, 1909; Saarbr FamRB 16, 227).

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