Rn 7

Privates Wissen (zB eigene Erfahrungen mit dem verklagten Unternehmen) darf der Richter schon im Hinblick auf § 41 Nr 5 nicht in seine Beweiswürdigung einfließen lassen, denn ein Richter kann nicht zugleich Zeuge sein. Dazu gehören auch Erkenntnisse aus einer privaten Besichtigung von relevanten örtlichen Gegebenheiten. Eine andere Beurteilung ist für allgemeinkundige Tatsachen und für Erfahrungssätze geboten (BGHZ 156, 250, 252 ff = NJW 04, 1163, 1164: Verständnis einer Werbeaussage in bestimmten Verkehrskreisen; vgl auch BGH NJW 22, 3638, 3640 [BGH 02.06.2022 - I ZR 93/21] Rz 21 ff). Sie müssen allerdings vor der Verwertung zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sein (§ 291 Rn 7). Zum amtlichen Wissen gehören insb gerichtskundige Tatsachen, dh Umstände, die dem erkennenden Gericht aus seiner jetzigen oder früheren amtlichen Tätigkeit bekannt geworden sind, also etwa die Prozessunfähigkeit einer Partei, die Insolvenz eines Unternehmens, die Umfirmierung einer Firma oder die Streichung eines Rechtsanwalts aus der Anwaltsliste. Wie die allgemeinkundigen Tatsachen müssen sie von den Parteien nicht behauptet worden sein, um verwertet werden zu können, wenn den Parteien nur Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist (BGH NJW 95, 1677, 1678). Nicht zu den gerichtskundigen Tatsachen gehört nach hM die eigene Sachkunde des Richters, die er sich durch die häufige Bearbeitung ähnl liegender Rechtsstreitigkeiten erworben hat (Zö/Greger § 291 Rz 2 mwN; aA BGH NJW 98, 3498, 3499 [BGH 02.04.1998 - I ZR 1/96]: Kenntnisse aus jahrelanger Erfahrung in Prozessen um Arzneimittelwerbung). Aber auch diese Kenntnisse sind bei der Urteilsfindung verwertbar, wobei es im Einzelfall sogar ausreichen kann, dass das Gericht pauschal auf seine langjährige einschlägige Erfahrung verweist (BGH NJW 91, 2824, 2825; zu streng BGH NJW-RR 97, 1108 [BGH 20.02.1997 - VII ZR 231/95]). Beruht die Sachkunde auf Sachverständigengutachten, die in früheren Verfahren erstattet worden sind, muss das Gericht allerdings den Parteien Gelegenheit geben, zu diesen Erkenntnisquellen Stellung zu nehmen (BGH NJW 91, 2824, 2826).

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