Rn 38

Ob Verfahrensfehler bei der Beweisaufnahme zur Unverwertbarkeit des dadurch gewonnenen Beweisergebnisses führen, hängt vom Schutzzweck der jeweils verletzten prozessualen Norm ab (Baumgärtel/Laumen/Prütting Bd 1 Kap 6 Rz 43). Von einem Beweisverwertungsverbot wird man insb dann ausgehen müssen, wenn der Verstoß geeignet ist, den Wert des Beweisergebnisses zu beeinträchtigen (zutr Zö/Greger § 286 Rz 15i). Dies gilt etwa für die unterbliebenen Belehrung eines Angehörigen über sein Zeugnisverweigerungsrecht gem § 383 II oder §§ 52 III, 163a V StPO (BGH NJW 85, 1470, 1471), die fehlende Vereidigung eines Dolmetschers (BGH NJW 94, 941 [BGH 21.12.1993 - VI ZR 246/92]), die Verletzung der Beweisunmittelbarkeit (§ 355) oder der Parteiöffentlichkeit (§ 357). In diesen Fällen gebietet der Schutzzweck der verletzten prozessualen Norm ein Verwertungsverbot. Erforderlich ist allerdings stets eine entsprechende Rüge, da diese Verfahrensverstöße gem § 295 heilbar sind (BGH NJW 85, 1158, 1159 [BGH 19.01.1984 - III ZR 93/82]). Verwertbar ist dagegen ein Beweisergebnis, das gewonnen wurde, obwohl das Klagevorbringen unschlüssig war oder gem § 296 I hätte zurückgewiesen werden müssen (Zö/Greger § 286 Rz 15i). Das Gleiche gilt für eine Zeugenaussage, bei der der Zeuge nicht über seine Schweigepflicht nach § 383 III belehrt worden ist (BGH NJW 90, 1734, 1735 [BGH 23.02.1990 - V ZR 188/88]). Ist eine Partei als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren nicht nach § 163a IV iVm § 136 I 2 StPO über ihr Aussageverweigerungsrecht belehrt worden, kann ihre Aussage gleichwohl im Zivilprozess verwertet werden (aA Leipold JZ 03, 632), und zwar entgegen der Auffassung des BGH (BGHZ 153, 165, 171 f = NJW 03, 1123, 1124) unabhängig von einer Interessenabwägung im Einzelfall (wie hier Katzenmeier ZZP 116, 375, 379; Balthasar JuS 08, 35, 38). Der Zweck der Belehrungspflicht des § 136 I 2 StPO besteht nicht darin, den Betroffenen vor einer zivilrechtlichen Inanspruchnahme zu schützen (Zö/Greger § 286 Rz 15j; Gehrlein VersR 11, 1350, 1352). Hat ein Zeuge vor der Polizei in Kenntnis seines Zeugnisverweigerungsrechts eine Aussage gemacht und beruft er sich nunmehr vor Gericht auf sein Zeugnisverweigerungsrecht, kann die Niederschrift seiner früheren Aussage – anders als im Strafprozess gem § 252 StPO – ohne weiteres verwertet werden (BGH NJW 16, 950, 952 [BGH 11.06.2015 - I ZR 7/14] Rz 28).

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