Rn 11

Durch den Schriftsatznachlass erhält eine Partei nur das Recht, sich über die Richtigkeit des ihr nicht rechtzeitig mitgeteilten gegnerischen Vorbringens zu erklären; weitere Ausführungen sind unzulässig und unbeachtlich (BGH NJW 79, 1306; Karlsr WM 17, 1157). Im nachgelassenen Schriftsatz nicht zu berücksichtigen ist neuer Sachvortrag, der über eine Replik hinausgeht oder sich auf früheres, lediglich wiederholtes Vorbringen des Gegners bezieht (BGH MDR 22, 1042). Neue tatsächliche Behauptungen sind aber zu beachten, soweit sie als Reaktion auf das der Partei nicht rechtzeitig mitgeteilte gegnerische Vorbringen erfolgen (BGH NJW 18, 1686 [BGH 27.02.2018 - VIII ZR 90/17]). Das Nachschubrecht verlängert den Schluss der mündlichen Verhandlung für das nachgelassene Vorbringen bis zum Ablauf der gewährten Frist. Bei Fristsetzung nach § 139 V ist § 283 entsprechend anwendbar (BGH NJW-RR 14, 505).

1. Fristgerecht eingereichte Erklärungen (S 2 Hs 1).

 

Rn 12

Solche muss das Gericht berücksichtigen, jedoch nicht: neuen Klagegrund (München NZG 00, 202), neue Anträge (München MDR 81, 502) oder neue Tatsachen, die mit dem verspäteten Vorbringen des Gegners nicht im Zusammenhang stehen (BGH NJW 79, 1306). Der neue Sachvortrag ist verspätet (§ 296a), aber auch der übrige Sachvortrag kann verspätet sein (§ 296). Der Gegner kann nicht nochmals darauf erwidern (§ 296a).

2. Verspätet eingereichte Erklärungen (S 2 Hs 2).

 

Rn 13

Diese kann das Gericht berücksichtigen (BGH NJW 04, 3102 [BGH 11.03.2004 - I ZR 304/01]). Hat das Gericht zum Zeitpunkt des Eingangs des verspäteten Schriftsatzes seine Entscheidung noch nicht beraten und abgefasst, ist es regelmäßig ermessensfehlerhaft, wenn es das verspätete Vorbringen bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt (Brandbg ZOV 09, 131 mwN).

 

Rn 14

Das Vorbringen in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz, der die Grenzen des § 283 überschreitet, oder zwar nachgelassen ist, aber verspätet eingeht, bleibt nach § 296a unberücksichtigt (Ddorf OLGR 04, 394). Vor Zurückweisung wegen Verspätung (§ 296) muss das Gericht den Gegner anhören, denn dieser könnte den neuen Vortrag nicht bestreiten (Frankf NJW 87, 1089).

 

Rn 15

Will das Gericht darauf eingehen, hat es die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (Kobl NJW-RR 01, 65 [OLG Koblenz 17.06.1999 - 5 U 1891/98]). § 156 II zwingt zur Wiedereröffnung, soweit § 139 verletzt war (BGH NJW 83, 2030). Erfolgt der Schriftsatznachlass auf Hinweis des Gerichts zu Schlüssigkeitsbedenken, dann muss es bei neuem Tatsachenvortrag zur Beseitigung dieser Bedenken die Verhandlung wiedereröffnen, denn § 283 ist nicht anwendbar, weil der nachgelassene Schriftsatz nicht zu verspätetem Vorbringen des Gegners gewährt worden ist (Zweibr OLGR 00, 221).

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