Rn 6

Wird PKH abgelehnt, bleibt der Partei nach der Bekanntgabe der Entscheidung (dies gilt auch, wenn die Partei Gegenvorstellung einlegt, vgl BGH VersR 80, 86) eine Zeit von 3 bis 4 Tagen für die Überlegung, ob sie das Rechtsmittel auf eigene Kosten durchführen will (BGH MDR 20, 1269 Rz 6; MDR 17, 482 [BGH 22.09.2016 - IX ZB 84/15]; 08, 99 [BGH 19.07.2007 - IX ZB 86/07]; NJW-RR 90, 451 [BGH 08.11.1989 - IVb ZB 110/89]). Dies findet seinen Grund darin, dass die Prüfung der Frage, ob der Rechtsstreit infolge der Versagung von PKH auf eigene Kosten in der Rechtsmittelinstanz durchgeführt werden soll, wegen des damit verbundenen offensichtlichen Risikos eine gründlichere und daher auch zeitaufwendigere Beurteilung der Erfolgsaussicht erfordert als der Entschluss, nach der Bewilligung von PKH und daher nach wesentlicher Verringerung der Gefahr einer Kostenbelastung das Rechtsmittel einzulegen (BGH MDR 20, 1269 Rz 6; 78, 482). Die Überlegungsfrist besteht auch dann, wenn das Berufungsgericht die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung bereits in einem vorangegangenen Beschwerdeverfahren gegen die PKH-ablehnende Entscheidung der 1. Instanz verneint hat. Im Anschluss an die Überlegungsfrist läuft die zweiwöchige Frist des § 234 I für die Wiedereinsetzung und die damit zu verbindende Einlegung des Rechtsmittels; auf einen späteren Wegfall der Mittellosigkeit kommt es nicht an, weil Wiedereinsetzungsgrund nicht die Mittellosigkeit als solche, sondern die noch fehlende Entscheidung des Gerichts über ein Gesuch ist, von dem die Partei annehmen durfte, es werde Erfolg haben (BGH WuM 09, 691f). Diese Grundsätze gelten auch, wenn das die PKH ablehnende Gericht nicht die Bedürftigkeit der Partei, sondern die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung verneint hat (stRspr, vgl BGH MDR 20, 1269 Rz 6; 08, 99; VersR 1985, 271, 272).

 

Rn 7

Auf die förmliche PKH-Ablehnung darf die Partei jedoch nicht warten, wenn ihr das Gericht unter nachvollziehbarer Darlegung der Berechnung mitteilt, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen (BGH NJW-RR 07, 793) oder dies für die Partei aus anderen Gründen erkennbar ist (BGH FamRZ 15, 1103; FamRZ 13, 1720; BGHZ 148, 66, 69). Letzteres ist auch der Fall, wenn die bedürftige Partei ihrem Antrag die in § 117 II und III 3 vorgeschriebene Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht beigefügt hat (BGH MDR 17, 482) oder sich seit der erstinstanzlichen Bewilligung wesentliche Änderungen ergeben haben, die die Bedürftigkeit entfallen lassen (BGH MDR 20, 118 Rz 93f). Die Wiedereinsetzungsfrist wird hingegen nicht dadurch in Gang gesetzt, dass das Gericht auf Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung hinweist und dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme gibt. Sie kann die endgültige Beratung nach fristgemäßem Eingang ihrer Stellungnahme abwarten (BGH MDR 17, 482f [BGH 22.09.2016 - IX ZB 84/15]).

 

Rn 8

WE kommt schließlich auch dann in Betracht, wenn die Partei erst über eine Verfassungsbeschwerde die Bewilligung von PKH erreicht (BVerfG WuM 11, 352: keine PKH-Verweigerung nur wegen geringer wirtschaftlicher Bedeutung der Sache). Besonderheiten gelten, wenn das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft die Berufung wegen Nichteinhaltung der Begründungsfrist verwirft, ohne zuvor über ein PKH-Gesuch entschieden zu haben. Die Wiedereinsetzungsfrist hinsichtlich der abgelaufenen Berufungsbegründungsfrist beginnt dann erst mit Zustellung des die Verwerfungsentscheidung aufhebenden Beschlusses; der Rechtsmittelführer ist also bei einer nachträglichen PKH-Entscheidung des Berufungsgerichts nicht gehalten, die Berufung noch während des laufenden Rechtsbeschwerdeverfahrens gegen die Verwerfungsentscheidung zu begründen (BGH MDR 11, 1493). Zum Fristbeginn bei Wegfall der Mittellosigkeit durch Vermögenserwerb vgl BGH WM 14, 2124.

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