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Nicht vorhersehbare und nicht vermeidbare technische Störungen einer EDV-Anlage stellen einen Wiedereinsetzungsgrund dar, wenn sie das rechtzeitige Erstellen oder Absenden eines Schriftsatzes verhindern. Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn der Laptop des Prozessbevollmächtigten eine Stunde vor Fristablauf während der Bearbeitung der Berufungsbegründung wegen eines Defekts des Akkus abgestürzt ist und die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Laptops und einer automatisch erstellten Sicherungsdatei ca 30 Minuten erforderte und der Prozessbevollmächtigte aufgrund der Störung des Computers die mittels einer automatisch erstellten Sicherungsdatei nur unvollständig wiederhergestellte Berufungsbegründung nicht mehr rechtzeitig fertigstellen und per Telefax an das Berufungsgericht übermitteln konnte (BGH FamRZ 18, 281 f; vgl auch Celle NJW-RR 03, 1439). Nutzt der Prozessbevollmächtigte eine Frist bis zum Ablauf des letzten Tages aus, trifft ihn eine erhöhte Sorgfaltspflicht, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen. In einem solchen Fall erfordert es die anwaltliche Sorgfalt, zur Vermeidung des Verlusts wesentlicher Textteile bei etwaigen technischen Störungen in regelmäßigen Abständen – zumindest in automatisierter Form – Sicherungsdateien erstellen zu lassen, wobei Abstände von etwa 15 Minuten noch angemessen erscheinen (BGH FamRZ 18, 281f). Erforderlich ist aber eine substantiierte Darstellung des Defekts, etwa des Bedienungsablaufs, der Art der Störung und ihrer Folgen (BGH NJW-RR 15, 1196f [BGH 12.02.2015 - V ZB 75/13]). Bedient der Prozessbevollmächtigte den Computer ohne anwesende Schreibkraft selbst, muss er darlegen, dass er hinreichend damit vertraut war, sonst liegt das zuzurechnende Verschulden darin, dass er die Arbeit nicht einer darin geübten Schreibkraft anvertraut hat (vgl BGH NJW 04, 2525 [BGH 17.05.2004 - II ZB 22/03]). Ein Bedienungsfehler des RA ist der Partei als Verschulden zuzurechnen (BGH NJW 06, 2637, 2638 [BGH 09.05.2006 - XI ZB 45/04]); ein Bedienungsfehler einer versierten, zuverlässigen Schreibkraft kann hingegen Wiedereinsetzung begründen (sehr weitgehend BGH NJW 07, 2559 [BGH 13.02.2007 - VIII ZB 40/06] betr Berufungsbegründung in 7 Einzeldiktaten).

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