Rn 2

Eine Verhinderung iSd Abs 2 liegt vor, wenn Richter oder Urkundsbeamter nicht nur vorübergehend zur Unterschriftsleistung außerstande sind. Hierbei führt ein Ausscheiden aus dem Richterdienst oder – den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle betreffend – aus dem öffentlichen Dienstverhältnis eine Verhinderung im vorgenannten Sinn herbei. Wechselt der Richter lediglich geschäftsplanmäßig, so steht dies einer Unterzeichnung nicht entgegen. Selbst nach einer Versetzung an ein anderes Gericht kann der Richter die erforderliche Unterschrift noch leisten (Zö/Schultzky Rz 5). Auch Erkrankungen auf unabsehbare Zeit oder ein längerer Urlaub stellen Verhinderungsgründe dar (Musielak/Voit/Stadler Rz 4).

I. Reihenfolge im Verhinderungsfall.

 

Rn 3

Im Falle der Verhinderung des Vorsitzenden unterschreibt für ihn der dienstälteste beisitzende Richter. Ist auch der dienstälteste Beisitzer verhindert (dieser Fall ist nicht geregelt), so leistet der verbleibende Beisitzer die Unterschrift (St/J/Roth Rz 8; Musielak/Voit/Stadler Rz 4). Erst wenn die gesamte Richterbank verhindert ist, genügt die Unterschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, sofern dieser zur Sitzung hinzugezogen wurde. Im Fall der Verhinderung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle genügt die Unterschriftsleistung des Vorsitzenden, an deren Stelle in der soeben dargestellten Reihenfolge die Unterschriften der Beisitzer treten.

II. Fehlerhafte oder fehlende Unterschrift.

 

Rn 4

Wird die dargestellte Reihenfolge im Verhinderungsfall nicht eingehalten oder kann die erforderliche Unterschrift nicht geleistet werden (weil die Unterschriftspersonen aus dem Dienst ausgeschieden sind oder der verhinderte Einzelrichter keinen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zur Verhandlung hinzugezogen hat), so erfüllt das Protokoll nicht die Voraussetzungen einer öffentlichen Urkunde und kann keine Beweiskraft nach § 165 entfalten. Eine fehlende Unterschrift kann noch in der Rechtsmittelinstanz nachgeholt werden (BGH NJW 58, 1237; Musielak/Voit/Stadler Rz 3). Verkündungsprotokolle müssen spätestens 5 Monate (§§ 517, 548) nach der Verkündung unterschrieben oder mit einer elektronischen Signatur (§ 130b) versehen sein (BGH MDR 11, 681 [BGH 13.04.2011 - XII ZR 131/09]). Wurde die Frist versäumt, ist die Sache im Rechtsmittelverfahren unter deklaratorischer Aufhebung der nichtexistenten Entscheidung an das Ausgangsgericht zurückzuverweisen (München AnwBl 19, 111). Die fehlende Angabe des Verhinderungsgrundes (§ 163 II S 3) hindert die Beweiskraft des Protokolls nicht (Musielak/Voit/Stadler Rz 4).

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