Gesetzestext

 

(1) Hat der Streitmittler nach der Verfahrensordnung den Parteien einen Vorschlag zur Beilegung der Streitigkeit (Schlichtungsvorschlag) zu unterbreiten, so beruht dieser auf der sich aus dem Streitbeilegungsverfahren ergebenden Sachlage. Der Schlichtungsvorschlag soll am geltenden Recht ausgerichtet sein und soll insbesondere die zwingenden Verbraucherschutzgesetze beachten. Der Schlichtungsvorschlag ist mit einer Begründung zu versehen, aus der sich der zugrunde gelegte Sachverhalt und die rechtliche Bewertung des Streitmittlers ergeben.

(2) Die Verbraucherschlichtungsstelle übermittelt den Parteien den Schlichtungsvorschlag in Textform.

(3) Die Verbraucherschlichtungsstelle unterrichtet die Parteien mit der Übermittlung des Schlichtungsvorschlags über die rechtlichen Folgen einer Annahme des Vorschlags und darüber, dass der Vorschlag von dem Ergebnis eines gerichtlichen Verfahrens abweichen kann. Sie weist auf die Möglichkeit hin, den Vorschlag nicht anzunehmen und die Gerichte anzurufen. Die Verbraucherschlichtungsstelle setzt den Parteien eine angemessene Frist zur Annahme des Vorschlags.

(4) Von einer Unterrichtung des Unternehmers nach Absatz 3 ist abzusehen, wenn sich dieser dem Schlichtungsvorschlag bereits vorab unterworfen

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Offenheit der Verbraucherstreitbeilegung bringt es mit sich, dass der Streitmittler grundsätzlich als Mediator, als Schlichter, als Konfliktmoderator oder als Schiedsrichter fungieren könnte. Der Begriff des Streitmittlers legt daher die Rolle der handelnden Person nicht fest. Dies geschieht vielmehr durch die zwingend erforderliche Verfahrensordnung der jeweiligen Verbraucherschlichtungsstelle (§ 5 I). Allerdings schließt § 5 II es aus, ein Verfahren zu wählen, das zu einer für den Verbraucher verbindlichen Lösung führt. Dies schließt ein echtes schiedsgerichtliches Verfahren nach den §§ 1025 ff ZPO aus. Streitmittler kann daher je nach der Verfahrensordnung stets nur ein Mediator, ein Konfliktmoderator oder ein Schlichter sein. Die Möglichkeit, einen Schlichtungsvorschlag nach § 19 zu unterbreiten, enthält damit zugleich die zwingende Trennung zwischen Mediation (§ 18) und Schlichtung. Die daneben mögliche Konfliktmoderation wird im Gesetz nicht genannt. Der Schlichtungsvorschlag bildet dabei das Kerninstrument einer möglichen Streitbeilegung. Obgleich der Streitmittler als Angestellter einer privatrechtlich organisierten Verbraucherstreitbeilegungsstelle fungiert, kommt damit seinem Schlichtungsvorschlag in der Praxis eine gewisse autoritative Funktion zu, auch wenn dem Vorschlag jede Bindungswirkung fehlt. Der Schlichtungsvorschlag kann also nicht mit einem richterlichen Urteil oder einem abschließenden Schiedsspruch eines echten Schiedsgerichts verglichen werden.

B. Der Inhalt des Schlichtungsvorschlags (Abs 1).

I. Die Basis des Vorschlags.

 

Rn 2

Nach dem Gesetzestext stellt die Basis für den Schlichtungsvorschlag durch den Streitmittler ›die sich aus dem Streitbeilegungsverfahren ergebende Sachlage‹ dar. Dies ist in einem umfassenden Sinn zu verstehen. Der Streitmittler soll also den gesamten Inhalt des Parteivorbringens beider Seiten sowie das Ergebnis einer etwaigen Beweisaufnahme in seine Überlegungen einbeziehen. Damit ist der Schlichtungsvorschlag zwar weniger als ein gerichtliches Urteil oder ein bindender Schiedsspruch, aber deutlich mehr als eine Aufzählung denkbarer Lösungsmöglichkeiten ohne Festlegung durch den Streitmittler. Der Schlichtungsvorschlag ist das Ergebnis einer persönlichen Bewertung der Sach- und Rechtslage durch den Streitmittler. Er muss den Vorschlag begründen (§ 19 I 3) und sich daher mit ihm identifizieren.

 

Rn 3

Der Schlichtungsvorschlag muss in der jeweiligen Verfahrensordnung vorgesehen sein (§§ 5, 19 I 1). Bei aller Offenheit der Art der Streitbeilegung wird damit den Parteien vor Augen geführt, welches Verfahren im Einzelnen und welche konkrete Durchführung in Betracht kommen kann (§ 5 I 2). Im konkreten Fall der Schlichtung wird damit den Parteien von Anfang an vor Augen geführt, dass ein zu erwartender Vorschlag des Streitmittlers dessen persönliche Überzeugung vom Sachverhalt und von der Rechtslage enthält. Dieser Vorschlag kann von den Parteien nur angenommen oder abgelehnt werden.

 

Rn 4

Die sich aus dem Streitbeilegungsverfahren ergebende Sachlage enthält keine Festlegung für das Verhalten des Streitmittlers. Nach der Gesetzesbegründung (BTDrs 18/5089, S 62) kann er sich auf das Vorbringen beider Streitparteien stützen (Beibringungsgrundsatz), der Streitmittler kann aber auch Amtsermittlung betreiben (Untersuchungsgrundsatz). Insbesondere ist der Streitmittler frei, Fragen zu stellen, Konkretisierung und Ergänzung von Vorbringen zu verlangen sowie die Beibringung von Unterlagen zu fordern.

 

Rn 5

Nicht geregelt ist im Gesetz die Frage, ob der Streitmittler eine Beweisaufnahme durchführen kann. Die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass die jeweilige Verfahrensordnung die Erhebung von Beweisen durch den Streitmittler vorsehen kann, schränkt dies allerdings dahin ein, dass das Einverständnis der Parteien vorliegen ...

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