Gesetzestext

 

(1) Soll in einem Mitgliedstaat eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Entscheidung vollstreckt werden, so hat die die Vollstreckung betreibende Partei der für die Vollstreckung zuständigen Behörde Folgendes vorzulegen:

a) eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, und
b) die entsprechende Bescheinigung nach Artikel 36.

(2) Soll in einem Mitgliedstaat eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Entscheidung vollstreckt werden, in der eine einstweilige Maßnahme einschließlich einer Schutzmaßnahme angeordnet wird, so hat die die Vollstreckung betreibende Partei der für die Vollstreckung zuständigen Behörde Folgendes vorzulegen:

a) eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt,
b)

die entsprechende Bescheinigung nach Artikel 36, in der bescheinigt wird, dass die Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar ist und dass das Ursprungsgericht

i) in der Hauptsache zuständig ist, oder
ii) die Maßnahme gemäß Artikel 27 Absatz 5 in Verbindung mit Artikel 15 angeordnet hat, und
c) wenn die Maßnahme ohne Vorladung des Antraggegners angeordnet wurde, den Nachweis der Zustellung der Entscheidung.

(3) Die für die Vollstreckung zuständige Behörde kann erforderlichenfalls die die Vollstreckung betreibende Partei auffordern, eine Übersetzung oder Transliteration gemäß Artikel 91 der übersetzbaren Inhalte der Freitextfelder der Bescheinigung vorzulegen, in der die zu vollstreckende Verpflichtung angegeben ist.

(4) Kann die für die Vollstreckung zuständige Behörde das Verfahren ohne eine Übersetzung oder Transliteration der Entscheidung nicht fortsetzen, so kann sie die die Vollstreckung betreibende Partei auffordern, eine Übersetzung oder Transliteration gemäß Artikel 91 der Entscheidung vorzulegen.

 

Rn 1

Art 35 bestimmt den Umfang der vorzulegenden Unterlagen.

 

Rn 2

Sofern der Antragsgegner zum Termin nicht geladen worden ist, ist nach Art 35 II lit c) der Nachweis der Zustellung der Entscheidung für die Vollstreckung erforderlich. Die Vollstreckung nach nationalem Recht bleibt allerdings möglich (Erw 59 S 3).

 

Rn 3

Wurde die Entscheidung im Ursprungsstaat nicht zugestellt, ist sie zusammen mit der Bescheinigung vor der ersten Vollstreckungshandlung nach Art 55 I 2 zuzustellen. In Deutschland erfolgt die Zustellung von Abschriften nach § 44a II IntFamRVG vAw. Handelt es sich um die Vollstreckung von Schutzmaßnahmen, hängt die Vollstreckung nach Art 55 III von der Zugänglichmachung einer Übersetzung oder Transliteration ab.

 

Rn 4

Auch für die Vollstreckung einer privilegierten Eilmaßnahme nach Art 27 V muss nach Art 35 II lit a) die Ausfertigung der Entscheidung vorgelegt werden, mithin die in oder mit der Rückführungsentscheidung angeordnete Schutzmaßnahme. Nach Art 35 II lit b) Nr ii) iVm Art 36 I lit c) werden auf Antrag einer Partei neben der Bescheinigung wegen der Rückgabe des Kindes auch die getroffenen Schutzmaßnahmen unter Verwendung des Formblatts in Anhang IV bescheinigt. Die Bescheinigung kann somit vom zurückgelassenen Elternteil als auch vom Entführer selbst verlangt werden. Das Formblatt in Anhang IV differenziert leider nicht nach der angeordneten Rückführung einerseits und den zum Schutz des Kindes angeordneten Maßnahmen andererseits (s.a. Art 27 Rn 5). Bei einer Vollstreckung einer Eilmaßnahme nach Art 27 V dürfte angesichts des Eilcharakters der vorläufigen Maßnahme kein Versagungsgrund nach Art 39 I lit c) (fehlende Parteianhörung) vorliegen.

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