Rn 28

Geschäftsverteilungsplanbedingte Kompetenzkonflikte zwischen Richtern bzw Spruchkörpern entscheidet das Präsidium mit Stimmenmehrheit im Rahmen seiner Kompetenz zur Auslegung seines eigenen Geschäftsverteilungsplans. Da es Urheber des Geschäftsverteilungsplans ist, darf es auf die Anrufung eines Spruchkörpers in Kompetenzkonflikten auch authentischer Interpret seiner Regelung sein. Dabei ist es jedoch an den Text der Geschäftsverteilungsregelung und die anerkannten Methoden der Auslegung von Rechtsnormen auch hinsichtlich des Geschäftsverteilungsplans gebunden.

 

Rn 29

Erweiternde Auslegung zur Vermeidung von versehentlich bestehenden Lücken im Text des Geschäftsverteilungsplans ist zulässig (MüKoZPO/Pabst § 21e GVG Rz 64; BGH DRiZ 80, 147, 148). Methodisch dürfte es sich dabei um eine analoge Anwendung einer versehentlich lückenhaften Regelung des Geschäftsverteilungsplans handeln. Fehlt eine analogiefähige Regelung jedoch, so kommt weder eine erweiternde Auslegung noch eine Analogie in Betracht, weil die strengen Anforderungen der Kompetenz zur Änderung einer Geschäftsverteilung im Laufe des Geschäftsjahres gem Abs 3 S 1 nicht umgangen oder unterlaufen werden dürfen. Dann bleibt nur die Schließung der Regelungslücke durch eine Ergänzung des Geschäftsverteilungsplanes (Oldbg NStZ 85, 473 [OLG Oldenburg 19.10.1984 - 2 Ws 475/84]), die ex nunc wirkt und als Änderung nach Abs 3 zulässig ist. Die Auslegung des beschlossenen Geschäftsverteilungsplans oder seine analoge Anwendung ist also von seiner Änderung nach Abs 3 S 1 klar zu trennen.

 

Rn 30

Grundsätzlich haben die Richterverteilung und die Geschäftsverteilung das Prinzip der sachgerechten und gleichmäßigen Verteilung (MüKoZPO/Pabst § 21e GVG Rz 30) als ermessensbindendes Prinzip zu achten. Innerhalb des jedem Präsidiumsmitglied zustehenden Ermessens besteht jedoch ein Gestaltungsspielraum für das Präsidium, die personelle Besetzung in Bezug auf die dem Spruchkörper sachlich zugewiesenen, durchaus unterschiedlich zu gewichtenden Sachen am Maßstab der individuellen Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der zu verteilenden Richter zu berücksichtigen. Die Rechtsmaterie des Spruchkörpers kann im Hinblick auf ihre Gewichtung und ihre prozessuale Brisanz – etwa in sozialen Konfliktfeldern – gewichtet und mit dem dazu optimal befähigten Richterpersonal verbunden werden, damit aus diesem Produkt die Erfüllung der Pflicht zu einer effizienten und kompetenten Justizgewährung gewährleistet wird. Wegen der dazu erforderlichen Erwägungen ist der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit des Präsidiums nach Abs 8 S 1 unverzichtbar (Remus S 165f).

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