Rn 64

Die Pflicht zur Anhörung durch das Präsidium besteht nach Abs 2 ggü allen Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, und zwar vor der Geschäftsverteilung nach Abs 1 für das Geschäftsjahr.

 

Rn 65

Nach Abs 3 S 2 ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von einer im laufenden Geschäftsjahr beabsichtigten Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, vorher Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Das betrifft insb die dargestellte Beurteilung des Änderungsgrundes (das ›ob‹) und die Art und Weise der durch den Änderungsgrund jeweils notwendig gewordenen Änderung.

Die Anhörungspflicht nach Abs 3 S 2 besteht ggü den Vorsitzenden Richtern der Kammern und Senate. Gehören diesen Spruchkörpern weitere Richter an, sind diese selbst nach Abs 3 S 2 nicht vom Präsidium unmittelbar anzuhören. Ob der Vorsitzende Richter die übrigen Mitglieder seines Spruchkörpers vor seiner Äußerung anhören muss, regelt Abs 3 S 2 nicht, ebenso wenig aber § 21g. Auch die Anhörung nach Abs 5 ist nicht einschlägig, wenn der beisitzende Richter durch die beabsichtigte Änderung selbst nicht berührt wird.

 

Rn 66

Gelegenheit zur Äußerung hat das Präsidium gem Abs 5 dem Richter zu geben, der durch das Präsidium einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder dessen Zuständigkeitsbereich geändert werden soll. Darunter fällt nicht der originäre oder der fakultative Einzelrichter, weil er nicht durch das Präsidium bestimmt wird. Ist die Zuständigkeitsänderung lediglich absehbar kammerintern die Folge der Präsidiumsentscheidung, gilt Abs 5 nicht; diesen Fall erfasst erst § 21g iRd Plenarentscheidung zur spruchkörperinternen Änderung der Geschäftsverteilung.

 

Rn 67

Ausgenommen von der Anhörungspflicht nach Abs 5 sind die Eilfälle, in denen ein nicht selbst dem Präsidium angehörender Richter von der Notwendigkeit der Änderung der Spruchkörperzuteilung oder des Zuständigkeitsbereichs nicht vorher gehört werden kann.

 

Rn 68

Abs 6 regelt einen Anhörungsanspruch des Präsidiums, und zwar ggü dem Präsidenten, bevor dieser einen der dem Gericht zugewiesenen Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder tw freistellt und damit seinen Rechtsprechungsaufgaben iSd Art 92 GG entzieht, wenn die Freistellung mit dem neuen Geschäftsverteilungsplan am Beginn des Geschäftsjahres eintritt. Der Umfang der Freistellung ist irrelevant. Soll die Freistellung im laufenden Geschäftsjahr wirksam werden, bewirkt sie die Reduzierung der für Aufgaben der Rspr verfügbaren Arbeitskraft des Richters, sodass der freigestellte Richter wegen einer im laufenden Geschäftsjahr dauerhaften, im Arbeitskraftumfang teilweisen Verhinderung iSd Abs 3 S 1 durch Änderung der bestehenden Geschäftsverteilung als gesetzlicher Richter des Jedermann iSd Art 101 I 2 GG entzogen werden muss, das Präsidium also die Freistellung durch Freigabe des Richters im Änderungsbeschluss (mit) herbeiführt. Hier zeigt sich, dass das Präsidium mit der Richter- und Sachverteilung auch eine Garantenstellung hinsichtlich der Funktion jedes Richters als Inhaber der Recht sprechenden Gewalt innehat.

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