Gesetzestext

 

(1) 1Nach Eintritt der Rechtskraft des Verweisungsbeschlusses wird der Rechtsstreit mit Eingang der Akten bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht anhängig. 2Die Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben bestehen.

(2) 1Wird ein Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen, so werden die Kosten im Verfahren vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde. 2Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(3) Absatz 2 Satz 2 gilt nicht in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

A. Regelungszusammenhang.

 

Rn 1

Die Vorschrift behandelt die Wirkungen der Verweisung und die dadurch verursachten zusätzlichen Verfahrenskosten. Der Begriff der Anhängigkeit iSd § 17b I 1 GVG kennzeichnet die formelle prozessuale Zuordnung des verwiesenen Rechtsstreits (nunmehr) zum Adressatgericht, mit der dessen Pflicht zur Entscheidung des Rechtsstreits verknüpft ist. Alle bisherigen Prozesshandlungen gelten als vor dem nunmehr befassten Gericht vorgenommen und auch bisherige Maßnahmen des verweisenden Gerichts bleiben vom Übergang unberührt (VGH München Beschl v 29.4.10 – 21 CE 10.252, betr eine zuvor von einem Zivilgericht erlassene einstw Vfg). Auch insoweit ist das Verfahren als Einheit zu betrachten. Maßgebend ist neben dem Kriterium der formellen Rechtskraft (Unanfechtbarkeit) des Verweisungsbeschlusses der faktische Eingang der Akten bei diesem Gericht. Bei Aktenversendung vor Eintritt der Rechtskraft tritt die Anhängigkeit nicht ein (vgl VGH München Beschl v 2.6.14 – 6 C 14.903 – juris). § 17 I 2 GVG verdeutlicht den Grundgedanken der Einheit der Rspr der in verschiedene Gerichtsbarkeiten untergliederten Rspr. Die mit der Erhebung der Klage gleich in welchem Rechtsweg verbundenen rechtlichen Wirkungen bleiben bei der Verweisung bestehen. Das gilt sowohl in materieller Hinsicht, also zB bei Verjährungshemmung (§ 204 I Nr 1 BGB), im Bereicherungsrecht (§§ 818 IV, 819 BGB) oder bei Herausgabeansprüchen (§ 987 BGB), als auch in prozessualer Hinsicht. Letzteres ist insb in den Fällen bedeutsam, in denen die fristgebundene Rechtsbehelfseinlegung zu den Rechtsschutzformvoraussetzungen gehört, wie dies bei den häufigsten Klageverfahren vor den Gerichten der allg Verwaltungsgerichtsbarkeit der Fall ist (§ 74 VwGO). Wird ein solches Verfahren nach Fristablauf nach § 17a II 1 GVG von einem Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit an das zuständige VG verwiesen, ist gem § 17b I 2 GVG auf den uU fristgem Zeitpunkt der Erhebung der Klage vor dem Zivilgericht abzustellen (BVerwG DVBl 93, 562). Das gilt sogar, wenn dem Kl eine ordnungsgem Rechtsmittelbelehrung erteilt worden ist (OVG Koblenz NVwZ-RR 96, 181 [OVG Rheinland-Pfalz 11.05.1995 - 10 A 11400/95]). Durch Eingang der Klage beim unzuständigen Gericht wird die Frist allerdings nur gewahrt, wenn sie nach Auslegung gerade an dieses Gericht gerichtet war (BVerwG NJW 02, 768 [BVerwG 31.10.2001 - BVerwG 2 C 37/00]).

B. Kosten bei Verweisung.

I. Grundsatz.

 

Rn 2

§ 17b II GVG regelt die von den übrigen Verfahrenskosten abspaltbaren Mehrkosten des Verweisungsverfahrens. Insoweit gilt indes nach S 1 zunächst der Grundsatz der einheitlichen Entscheidung über die Kosten (Kosteneinheit), der hier für über die Grenzen der Gerichtsbarkeiten hinaus anwendbar erklärt wird. Die durch eine – auch im Beschwerdeverfahren aufgehobene (VGH München Beschl v 2.6.14 – 6 C 14.903 – juris) – Verweisung entstandenen Mehrkosten werden als Teil der Gesamtkosten des Rechtsstreits behandelt. Beruhen sie auf der Anrufung des vom Rechtsweg her unzuständigen Gerichts, sind sie aber nach dem Verursachergedanken dem Rechtsbehelfsführer unabhängig vom sonst maßgeblichen Prozesserfolg aufzuerlegen. Etwas anderes gilt im Verwaltungsprozess ausnahmsweise dann, wenn der Bekl durch eine unzutr Rechtsmittelbelehrung die Rechtsbehelfseinlegung beim unzuständigen Gericht verursacht hat. Ist infolge einer Klagerücknahme im Beschwerdeverfahren der angegriffene Verweisungsbeschluss wirkungslos geworden (§ 269 III 1 ZPO), so bleibt für die Anwendung des § 17b II 1 kein Raum (BayLSG Beschl v 9.1.17 – L 1 SV 19/16 B – juris). Mehrkosten idS ist die Differenz zwischen den insgesamt tatsächlich entstandenen Kosten und den Kosten, die bei direkter Anrufung des zuständigen Gerichts entstanden wären. IR der Kostenerhebung ist hinsichtlich der Gerichtskosten § 4 II GKG zu beachten. Bzgl der Rechtsanwaltsvergütung gelten bei Verweisungen allg §§ 20, 21 RVG. Auch diese Grundsätze finden aufgrund entspr Regelungen (§ 281 III 2 ZPO) oder über Bezugnahmen in den Prozessordnungen regelmäßig auch auf Verweisungen wegen örtlicher oder sachlicher Unzuständigkeit Anwendung (§ 83 VwGO). Der durch das FGG-RG mit Wirkung vom 1.9.09 eingefügte neue § 17b III GVG enthält für die Fälle, in denen entweder Verweisungs- oder Adressatgericht ein Familiengericht oder ein Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist, eine von der zwingenden Vorgabe des § 17a II 2 GVG abw ...

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