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§ 114 enthält eine aus der historischen Entwicklung zu verstehende Norm des Verfahrensrechts. Die KfH kann ihre eigene Sachkunde an der Stelle eines Sachverständigengutachtens einbringen (BayObLG NStZ 93, 347 [BayObLG 26.11.1992 - 3 ObOWi 101/92]). Sie ist aber verpflichtet, den Parteien diese eigene Sachkunde darzulegen (BGH NJW 58, 1596 [BGH 10.07.1958 - 4 StR 211/58]). Ist die Sachkunde bei einem Richter vorhanden, kann er diese der Kammer vermitteln (vgl BGH NStZ 83, 325). Die Kammer darf auf dieser Grundlage ohne Sachverständigenbeweis entscheiden. Wurde allerdings ein Beweisbeschluss gefasst, so kann von diesem nicht mehr ohne ausdrücklichen Hinweis abgewichen werden (Nürnbg 30.1.13 – 12 U 726/11, BB 13, 321, juris Rz 262 ff). Ist bereits Beweis durch die Einholung eines schriftlichen Gutachtens erhoben, so kann die Sachkunde nicht mehr dem Antrag auf Anhörung des Sachverständigen entgegen gesetzt werden (offengelassen in BVerfG NJW 98, 2273, 2274 [BVerfG 03.02.1998 - 1 BvR 909/94]). – Im Fall der Berufung zum OLG ist das Berufungsgericht verfahrensrechtlich an die Feststellungen der KfH gebunden. Es kann nur unter den Voraussetzungen des § 529 I ZPO, etwa bei begründeten Zweifeln gegen die Sachkunde ein weiteres Gutachten einholen, oder, falls die Voraussetzungen zur Einholung eines Obergutachtens vorliegen, ein solches. Jedenfalls kann sich das OLG auf die sachkundigen Ausführungen der KfH stützen (RGZ 90, 102, 104; 110, 47, 48f). Ist die KfH Berufungskammer, kann § 114 ebenfalls zur Anwendung kommen. Die Kammer kann insoweit auch von einem erstinstanzlich erhobenen Gutachten abweichen, wenn sie dies tragfähig begründet (BeckOKGVG/Pernice Rz 10; MüKoZPO/Pabst Rz 4).

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