Rn 3

Nach der allgemeinen Grundregel des Abs 1 steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob eine förmliche Beweisaufnahme durchgeführt wird oder ob der Freibeweis in Betracht kommt. Soweit allerdings dem Gesetz keine ermessensleitenden Erwägungen zu entnehmen sind, steht dem Gericht im Einzelfall eine gewisse Freiheit der Wahl des Beweisverfahrens nach dem jeweiligen Normzweck zu. Das Gesetz hat den Beteiligten kein förmliches Antragsrecht auf Durchführung eines Strengbeweises zugebilligt.

 

Rn 4

Nach Abs 2 ist eine förmliche Beweisaufnahme zwingend, wenn sie in diesem Gesetz vorgesehen ist. In Abstammungssachen ist hier auf § 177 II hinzuweisen; beim Verfahren in Betreuungssachen ist § 280 I zu beachten; für den speziellen Fall der Sterilisation ist auf § 297 VI hinzuweisen; schließlich ist im Verfahren in Unterbringungssachen § 321 I zu berücksichtigen.

 

Rn 5

In Abs 3 ist eine zwingende Anordnung in Form einer Soll-Vorschrift enthalten, wonach das Gericht den Strengbeweis wählt, wenn es seine Entscheidung maßgeblich auf die Feststellung einer Tatsache stützen will und die Richtigkeit dieser Tatsache von einem Beteiligten ausdrücklich bestritten wird. Abs 3 setzt voraus, dass bereits eine gewisse richterliche Überzeugungsbildung auf der Basis eines Freibeweises gegeben ist, die zu dem Ergebnis führt, dass eine bestimmte Tatsache gegeben ist, auf die das Gericht seine Entscheidung maßgeblich stützen will und deren Richtigkeit andererseits von einem Beteiligten ausdrücklich bestritten wird. Zunächst muss also eine entscheidungserhebliche Tatsache gegeben sein, weiterhin muss diese Tatsache vom Gericht vorläufig für wahr gehalten werden und schließlich muss die Tatsache von einem Beteiligten ausdrücklich bestritten werden. Abs 3 soll also insbesondere die Verfahrensrechte eines die Tatsachen bestreitenden Beteiligten schützen. Deshalb wird man verlangen müssen, dass dieser Beteiligte die entscheidungserhebliche Tatsache ganz konkret benennt und bestreitet und nicht nur ein pauschales allgemeines Bestreiten des gesamten Vorbringens geltend macht.

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