Gesetzestext

 

(1) Kommt ein Beteiligter innerhalb der hierfür gesetzten Frist einer Verpflichtung nach § 235 Abs. 1 nicht oder nicht vollständig nach, kann das Gericht, soweit dies für die Bemessung des Unterhalts von Bedeutung ist, über die Höhe der Einkünfte Auskunft und bestimmte Belege anfordern bei

1. Arbeitgebern,
2. Sozialleistungsträgern sowie der Künstlersozialkasse,
3. sonstigen Personen oder Stellen, die Leistungen zur Versorgung im Alter und bei verminderter Erwerbsfähigkeit sowie Leistungen zur Entschädigung und zum Nachteilsausgleich zahlen,
4. Versicherungsunternehmen oder
5. Finanzämtern.

(2) Das Gericht hat nach Absatz 1 vorzugehen, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen und der andere Beteiligte dies beantragt.

(3) Die Anordnung nach Absatz 1 ist den Beteiligten mitzuteilen.

(4) Die in Absatz 1 bezeichneten Personen und Stellen sind verpflichtet, der gerichtlichen Anordnung Folge zu leisten. § 390 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend, wenn nicht eine Behörde betroffen ist.

(5) Die Anordnungen des Gerichts nach dieser Vorschrift sind für die Beteiligten nicht selbständig anfechtbar.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift entspricht im Ausgangspunkt § 643 II 1 ZPO aF, weist demgegenüber jedoch einige Veränderungen auf (BTDrs 16/6308, 256). Sie steht in Zusammenhang mit § 235. Kommt ein Beteiligter innerhalb der ihm hierfür gesetzten Frist der Anordnung zur Auskunftserteilung bzw Vorlage von Belegen nicht (vollständig) nach, ermächtigt § 236 das Gericht, die benötigte Auskunft und Belege bei Dritten anzufordern. Die Inanspruchnahme Dritter ist subsidiär (MüKoFamFG/Pasche § 236 Rz 4; Wendl/Dose/Schmitz § 10 Rz 67).

B. Die Vorschrift im Einzelnen.

I. Auskunft- und Belegvorlagepflicht Dritter (Abs 1).

1. Gegenstand der Auskunft.

 

Rn 2

Die Inanspruchnahme Dritter ist im Verhältnis zu § 235 inhaltlich begrenzt: Abweichend von § 235 können von Dritten nach § 236 nur Angaben zu den Einkünften eines Beteiligten, demgegenüber nicht zu seinem Vermögen oder seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen erfragt werden. Durch diese Beschränkung soll eine Ausforschung verhindert werden, zumal der Bestand des Vermögens zu einem bestimmten Stichtag für die Berechnung des Unterhalts eine untergeordnete Rolle spielt und die Erträge des Vermögens, wie etwa Zinsen, vom Begriff der Einkünfte umfasst sind (BTDrs 16/6308, 256).

2. Adressaten des Auskunftsverlangens.

 

Rn 3

Der in Abs 1 Nr 1–5 enthaltene Kreis der Adressaten des Auskunftsverlangens entspricht den in § 643 II 1 Nr 1 und 3 ZPO aF genannten Dritten. Die Aufzählung ist abschließend; es ist dem Gericht verwehrt, von anderen als den genannten Auskunftgebern, zB von Banken (Viefhues FuR 13, 10, 25), Auskünfte einzuholen (vgl Prütting/Helms/Bömelburg § 236 Rz 7; MüKoFamFG/Pasche § 235 Rz 7; Zö/Lorenz § 236 Rz 3; ThoPu/Hüßtege § 236 Rz 4; Dutta/Jacoby/Schwab/Langheim § 236 Rz 1).

 

Rn 4

Dritte iSv § 236 sind:

  • Arbeitgeber (Nr 1): Der Begriff ist funktional zu verstehen und schließt auch öffentlich-rechtliche Dienstherren ein (BTDrs 13/7338, 35 zu § 643 ZPO aF); entscheidend ist ein Über- und Unterordnungsverhältnis (Viefhues FPR 10, 162, 166).
  • Sozialleistungsträger (Nr 2) iSv § 12 SGB I, die sich im Einzelnen aus §§ 1829 SGB I ergeben (vgl zB die weitergehende Übersicht bei MüKoFamFG/Pasche § 236 Rz 10), die KSK (§§ 37 ff KSVG). Das Auskunftsersuchen kann sich dabei sowohl auf die Sozialleistung als auch auf einzelne Berechnungselemente der (künftigen) Sozialleistung oder ihr zugrunde liegende tatsächliche Verhältnisse (vornehmlich Arbeitsentgelt oder -einkommen) beziehen, soweit diese für die Bemessung eines Unterhaltsanspruchs von Bedeutung sind. Im Interesse der Normenklarheit und der Abstimmung mit dem Sozialdatenschutz (§ 35 I 4 SGB I) wurde die KSK besonders erwähnt. Der Postrentendienst der Deutschen Bundespost wurde aus technischen Gründen nicht mit aufgenommen. Die Übermittlung der Sozialdaten beurteilt sich ausschließlich nach § 74 Nr 1 lit a SGB X (BTDrs 13, 7338, 35 zu § 643 ZPO aF).
  • sonstige Personen oder Stellen (Nr 3): Unter diesen weit auszulegenden Auffangtatbestand (Viefhues FPR 10, 162, 166) fallen insb private, betriebliche oder berufsständische Träger der Alters- und Erwerbsminderungsversorgung, die in § 69 II SGB X aufgezählt sind (BTDrs 13/7338, 36 zu § 643 ZPO aF). Hierunter fallen Versorgungseinrichtungen der Selbstständigen, die Träger der dienstlichen Altersversorgung nach dem BetrAVG und sonstige Unterstützungskassen (zB Prütting/Helms/Bömelburg § 236 Rz 10a; Zö/Lorenz § 236 Rz 6; Sternal/Weber § 236 Rz 4). Erfasst sind auch Träger einer privaten Rentenversicherungsleistung aus einer Kapitalversicherung (Musielak/Borth/Borth/Grandel § 236 Rz 6; Prütting/Helms/Bömelburg § 236 Rz 10a; Zö/Lorenz § 236 Rz 6). Die Übermittlung der Sozialdaten beurteilt sich ausschließlich nach § 74 Nr 1 lit a SGB X (ausdr MüKoFamFG/Pasche § 236 Rz 11).
  • Versicherungsunternehmen (Nr 4): bezieht Versicherungsunternehmen in den Kreis der Adressaten eines Auskunftsersuchens ein, soweit sie Leistungen gewähren, die unterhaltsrechtlich beachtlich sind, jedoch nicht eine bedarfsdeckende Versorgung iSv Nr 3 darstellen, also nicht als laufende, ...

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