Gesetzestext

 

Wird das Kind durch das Jugendamt als Beistand vertreten, ist die Vertretung durch den sorgeberechtigten Elternteil ausgeschlossen.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift entspricht § 53a ZPO aF und ist wortgleich mit § 173. Sie befasst sich mit dem Verhältnis zwischen dem sorgeberechtigten Elternteil und dem Jugendamt als Beistand des Kindes im Unterhaltsverfahren. Die elterliche Sorge wird durch die Beistandschaft nicht eingeschränkt (§ 1716 S 1 BGB), sodass es zu Konflikten zwischen dem Sorgeberechtigen und dem Jugendamt kommen kann. Die Regelung dient dazu, im Verfahren gegensätzliche Erklärungen des Jugendamts und des sorgeberechtigten Elternteils zu verhindern, indem dem Jugendamt der Vorrang eingeräumt wird (BTDrs 16/6308, 245).

B. Entstehen und Umfang der Beistandschaft des Jugendamts.

 

Rn 2

Die freiwillige Beistandschaft des Jugendamts ist materiell-rechtlich in §§ 17121717 BGB geregelt. Auf schriftlichen Antrag eines Elternteils kann das Jugendamt Beistand des Kindes werden (§ 1712 BGB). Antragsberechtigt ist insb gem § 1713 I BGB der Elternteil, dem für den Aufgabenkreis der beantragten Beistandschaft die alleinige elterliche Sorge zusteht oder bei gemeinsamer elterlicher Sorge der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet. Dies gilt auch bei getrennt lebenden, verheirateten und gemeinsam sorgeberechtigten Eltern; § 1629 II 1 BGB steht nicht entgegen (BGH FamRZ 15, 130). Die Beistandschaft entsteht mit Zugang des Antrags beim Jugendamt, § 1714 BGB und sie endet, wenn der ASt dies schriftlich verlangt, § 1715 BGB, spätestens mit Volljährigkeit des Kindes. Allein der rechtskräftige Abschluss des Verfahrens beendet die Beistandschaft demgegenüber nicht, da zum Aufgabenkreis des Verfahrensbeistands insb auch die Zwangsvollstreckung gehört (Prütting/Helms/Bömelburg § 234 Rz 7; Zö/Lorenz § 234 Rz 7; Erman/Roth § 1712 Rz 11; aA Hamm FamRZ 13, 799).

 

Rn 3

Der gesetzlich definierte Aufgabenbereich des Beistands in Unterhaltssachen ergibt sich aus § 1712 I Nr 2 BGB: Er umfasst die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen (vgl auch § 1629 II 2 BGB) sowie die Verfügung über diese Ansprüche. Überwiegend wird vertreten, dass dem Beistand auch die Verteidigung von Rechtspositionen obliegt, er also auch für Passivverfahren legitimiert ist (PWW/Friederici 13. Aufl § 1712 Rz 9; Erman/Roth § 1712 Rz 11; Prütting/Helms/Bömelburg § 234 Rz 4a; MüKoFamFG/Pasche § 234 Rz 2; Naumbg FamRZ 06, 1223; vgl auch Nürnbg FamRZ 19, 295; Brandbg NZFam 15, 1175; Naumbg FamRZ 07, 1334 [jew zu § 1629 II 2 BGB]).

C. Auswirkung der Beistandschaft im Verfahren – Rechtsstellung der Beteiligten.

 

Rn 4

Ist das Jugendamt Beistand des Kindes, kommt ihm im Verfahren gem §§ 1716 S 21813 I, 1789 II 1 BGB die Stellung eines alleinigen gesetzlichen Vertreters des Kindes zu; es wird nicht zum Verfahrensbeteiligten. Der (materiell-rechtlich nach wie vor) sorgeberechtigte Elternteil ist im Verfahren Dritter und von der Vertretung ausgeschlossen. Besteht kein Einverständnis mit der Verfahrensführung durch den Beistand, kann die Beistandschaft jederzeit schriftlich beendet werden, § 1715 BGB.

 

Rn 5

Während der Dauer der Beistandschaft sind alle Zustellungen an das Jugendamt zu richten. War das Verfahren von einem Elternteil als gesetzlicher Vertreter eingeleitet worden, findet ein Wechsel in der Person des gesetzlichen Vertreters statt, der durch einen nach § 113 I iVm § 250 ZPO zuzustellenden Schriftsatz erfolgt. Endet die Beistandschaft durch schriftliche Erklärung des Elternteils, ist dieser wieder alleiniger Vertreter des Kindes. Er kann Verfahrenshandlungen, bei denen das Kind nicht wirksam gesetzlich vertreten war, rückwirkend genehmigen (BGH FamRZ 21, 447; 89, 269).

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