Rn 13

Die Anordnung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens erfolgt regelmäßig durch einen Beweisbeschluss, wenngleich eine formlose Anordnung ausreichend ist (BGH FuR 15, 727; FamRZ 13, 211; FuR 11, 43, jeweils zu § 321; Sternal/Schäder § 163 Rz 6; Prütting/Helms/Hammer § 163 Rz 7).

 

Rn 14

Gem § 30 I iVm § 404a I ZPO ist das Gericht ›Herr des Verfahrens‹ (Splitt FF 18, 51, 53; Balloff FPR 11, 12), es hat die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten.

 

Rn 15

Hierzu ist es erforderlich, den Auftrag an den Sachverständigen konkret zu bestimmen, also das Beweisthema sowie Reichweite und Umfang der Tätigkeit genau festzulegen (vgl MüKoFamFG/Schumann § 163 Rz 6; Musielak/Borth/Borth/Grandel § 163 Rz 2; Prütting/Helms/Hammer § 163 Rz 8–8b; Splitt FF 18, 51, 53; Ernst FamRB 16, 361; Bergmann FamRB 16, 364; vgl auch Schlesw FamRZ 20, 1359). In jedem Fall muss dem Sachverständigen der zutreffende Kindeswohlmaßstab mitgeteilt werden (Prütting/Helms/Hammer § 163 Rz 8b). Eine umfassende Aufklärung des Kindeswohls beinhaltet insb eine Bewertung der Lebens- und Entwicklungsbedingungen und -perspektiven des Kindes und geht damit wesentlich über die bspw unmittelbar im Vordergrund stehende Frage der Erziehungseignung eines Elternteils in Bezug auf die Bindungstoleranz und die damit verbundene Ermöglichung des Umgangs zwischen Kind und dem anderen Elternteil hinaus (BGH FuR 12, 136). In einem Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung sollte dem Sachverständigen aufgegeben werden, zu Art, Schwere und Wahrscheinlichkeit der befürchteten Beeinträchtigungen des Kindes Stellung zu nehmen, insb wie und in welchem Umfang sich Erziehungsdefizite der Eltern schädigend auf das Kind ausgewirkt haben oder auswirken könnten (Prütting/Helms/Hammer § 163 Rz 8b; vgl auch Schlesw FamRZ 20, 1359). Das Gericht sollte den Sachverständigen auch ausdrücklich ermächtigen, ›jedenfalls‹ mit dritten Personen zu sprechen, wie zB Lehrer, Erzieher, oder die Großmutter eines Kindes als wichtige Bezugsperson (Splitt FF 18, 51, 54; Heilmann/Heilmann § 163 Rz 38), wenngleich das Gericht im Kindschaftsverfahren regelmäßig dem Sachverständigen die Entscheidung überlässt, in welchem Umfang er für sein Gutachten Anknüpfungstatsachen ermitteln möchte, inwieweit also der Sachverhalt aus seiner Sicht aufzuklären ist (Stuttg FamRZ 03, S. 17; Celle FamRZ 15, 438; Frankf FamRZ 17, 914; Heilmann/Heilmann § 163 Rz 38). So kann verhindert werden, dass der Sachverständige Gefahr läuft, wegen eigenmächtiger Überschreitung des Gutachtenauftrags als befangen abgelehnt zu werden. Das Gericht wird allerdings nicht von der sich aus § 26 ergebenden eigenen Pflicht zur vollständigen Ermittlung der entscheidungserheblichen Tatsachen befreit, sodass es sich von diesen Personen uU selbst einen unmittelbaren Eindruck verschaffen muss (BGH FuR 12, 136).

 

Rn 16

Beschlüsse, durch die eine Beweisaufnahme angeordnet wird, sind gem §§ 30 I, 355 II ZPO grds unanfechtbar, sie können erst iRd Rechtsmittels gegen die Endentscheidung zur Überprüfung gestellt werden, § 58 II. Allein mit der Bestellung und Beauftragung eines Sachverständigen wird noch nicht in erheblichem Maße in die Rechte des Beteiligten eingegriffen, da eine Mitwirkungspflicht der Eltern nicht besteht (BGH FuR 10, 406; Sternal/Göbel § 58 Rz 31; Sternal/Schäder § 163 Rz 12; MüKoFamFG/Schumann § 163 Rz 30; Prütting/Helms/Hammer § 163 Rz 20; Frankf FuR 18, 605; Nürnbg FuR 14, 189). Ausnahmen von der Unanfechtbarkeit werden nur dann zugelassen, wenn die Ausführung des Beweisbeschlusses eine unmittelbare und auf andere zumutbare Weise nicht abwendbare Verletzung von Grundrechten zur Folge hat, die später nicht oder jedenfalls nicht vollständig behoben werden kann (Sternal/Schäder § 58 Rz 12; Frankf FuR 18, 605; Nürnbg FuR 14, 189). Gleiches gilt, wenn eine dem Erlass des Beweisbeschlusses vorangegangene Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt wird (vgl BGH MDR 09, 1184; Frankf FamRZ 16, 1799).

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