Rn 41

Abs 3 S 1 enthält die Verpflichtung des Familiengerichts, in den gem § 155 I von dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot erfassten Verfahren, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, mit den Beteiligten den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erörtern. Nicht erfasst sind Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB (vgl § 157). Die Vorschrift ergänzt die Regelungen über die Ausgestaltung des frühen ersten Termins nach §§ 155 II, 156 I.

 

Rn 42

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nach Abs 3 S 1 in Betracht, wenn im Termin nach § 155 II eine Einigung nicht erzielt werden konnte. Das ist auch dann der Fall, wenn das Gericht eine von den Verfahrensbeteiligten gefundene einvernehmliche Regelung zur Regelung des Umgangs oder der Herausgabe eines Kindes nicht billigen kann (Keidel/Meyer-Holz (20. Aufl) § 156 Rz 17; MüKoFamFG/Schumann § 156 Rz 30). Wird das Verfahren ›streitig‹ fortgeführt, soll das Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung erörtern. Das soll verhindern, dass unvermeidliche Verfahrensverzögerungen für das Kindeswohl abträgliche Situationen herbeiführen oder sogar ›vollendete Tatsachen‹ schaffen (BTDrs 16/6308, 237). Ob der Erlass einer einstweiligen Anordnung in Betracht kommt, ist auf der Grundlage der §§ 49 ff zu beurteilen. Während das Gericht in Verfahren, die vAw betrieben werden (vgl §§ 1684, 1685, 1686a, 1632 IV), nach §§ 49, 51 I auch eine einstweilige Anordnung vAw erlassen kann, ist in Verfahren, in denen verfahrenseinleitende Anträge zu stellen sind (etwa §§ 1632 III, 1671 I Nr 2, II Nr 2 BGB betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht), der Antrag eines Beteiligten auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlich (MüKoFamFG/Schumann § 156 Rz 32; Sternal/Schäder § 156 Rz 28; J/H/A/Döll § 156 Rz 12), wenn dieser nicht zuvor bereits in einem parallel eingeleiteten Verfahren gestellt wurde (vgl hierzu weitergehend Prütting/Helms/Hammer § 156 Rz 83 Fn 3). In diesem Fall muss der Antragsteller nach § 51 I 2 den Antrag begründen und das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung glaubhaft machen. Insb muss das für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Regelungsbedürfnis vorliegen. Das wird fehlen, wenn aufgrund der Erörterung noch eine einvernehmliche Zwischenregelung bis zum Erlass einer das Verfahren abschließenden Endentscheidung gefunden werden kann. Ist in einem Verfahren wegen Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Ausgang völlig offen, entspricht es regelmäßig dem pflichtgemäßen Ermessen, dem Kind durch Erlass einer einstweiligen Anordnung vorerst das bisherige soziale Umfeld und seine bisherigen Bezugspersonen zu erhalten, wenn zu befürchten ist, dass ein Elternteil durch einen Umzug vollendete Tatsachen schaffen will (vgl. Musielak/Borth/Borth/Grandel (6. Aufl) § 156 Rz 12; Haußleiter/Eickelmann § 156 Rz 29 mwN). Es kommt auch das Verbot, das Kind ins Ausland zu verbringen (›Grenzsperre‹), in Betracht (vgl Prütting/Helms/Hammer § 156 Rz 83 mwN).

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