Rn 1

Der durch das Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und des Gerichtskostengesetzes (BGBl I, 2222) neu eingeführte Rechtsbehelf der Beschleunigungsrüge geht auf eine Entscheidung des EGMR vom 15.1.15 (FamRZ 15, 469) zurück. Der EGMR hat aufgrund des Fehlens eines präventiven Rechtsschutzes bei überlanger Verfahrensdauer in einer (mit Vollstreckungs- und Abänderungsverfahren insgesamt 10 Jahre dauernden Umgangssache) eine Verletzung von Art 13 iVm Art 8 EMRK bejaht und der Bundesregierung aufgegeben, in Verfahren, deren Dauer deutliche Auswirkungen auf das Familienleben hat, einen Rechtsbehelf zu schaffen, der sowohl eine präventive als auch eine kompensatorische Wirkung hat. Die bis dahin in den §§ 198 ff GVG vorgesehene Verzögerungsrüge mit anschließender Entschädigungsklage genüge in Verfahren, in denen es um das Recht auf Umgang mit einem (jungen) Kind geht, nicht den Anforderungen, die sich aus Art 13 iVm Art 8 EMRK ergeben.

 

Rn 2

Nach einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz sollte für die in § 155 I bestimmten kindschaftsrechtlichen Verfahren ein eigenständiger präventiver Rechtsbehelf geschaffen werden, der an das bereits in § 155 I verankerte Vorrang- und Beschleunigungsgebot anknüpft. Mithilfe eines besonderen Zwischenverfahrens soll sichergestellt werden, dass sich das Gericht bereits in dem konkreten Verfahren mit der Verfahrensdauer in einem Beschluss auseinandersetzt (vgl BTDrs 18/9092, 15). Eine Verfassungsbeschwerde wegen Untätigkeit des Gerichts kommt nicht in Betracht, bevor nicht vom Rechtsbehelf der Beschleunigungsrüge und der Beschleunigungsbeschwerde Gebrauch gemacht worden ist; einer Vorabentscheidung nach § 90 II 2 BVerfGG steht der Subsidiaritätsgrundsatz entgegen (BVerfG FamRZ 17, 620). Die Vorschrift ist zum 15.10.16 in Kraft getreten.

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