Rn 4

Voraussetzung ist die Glaubhaftmachung (§ 113 I 2 iVm § 294 ZPO; s § 294 ZPO Rn 1 ff) eines nicht zu ersetzenden Nachteils für den Schuldner im Falle einer den sofort wirksamen Titel im Rechtsmittelverfahren zugunsten des Schuldners abändernden Entscheidung. Das bedingt zunächst, dass dem eingelegten Rechtsmittel Erfolgsaussichten beigemessen werden können (Rostock FamRZ 11, 1679; Hamm FamRZ 11, 589). In Anlehnung an die zivilrechtliche Rspr liegt ein nicht zu ersetzender Nachteil für den Schuldner idR vor, wenn im Falle der Aufhebung oder Abänderung des Vollstreckungstitels der Gläubiger voraussichtlich wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage sein wird, den beigetriebenen Geldbetrag zurückzuzahlen (BGH MDR 07, 737). Liegt der nicht zu ersetzende Nachteil darin, dass der Schuldner durch Versteigerung einer gepfändeten Sache oder Zwangsversteigerung eines Grundstücks sein Eigentum verliert u sich die Sache später nicht wieder beschaffen kann, ist die Vollstreckung nach II 2 auf die Pfändung der Sache bzw die Beschlagnahme des Grundstücks zu beschränken (Zö/Lorenz Rz 3). In Unterhaltsverfahren ist iRv II 2 jedoch die Wertung des § 116 III 3 zu beachten. Wenn das Gericht dort die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen soll, weil der Unterhaltsberechtigte auf die Zahlungen zur Bestreitung seines aktuellen Lebensunterhalts angewiesen ist, liefe diese Wertung völlig leer, falls der bestimmungsgemäße Verbrauch des Unterhalts als unersetzbarer Nachteil für den Schuldner iSd II 2 angesehen würde. Der Regelfall, dass der Unterhaltsbeschl ohne Weiteres vollstreckbar ist u der Verpflichtete die Vollstreckung nicht durch Sicherheitsleistung abwenden kann, würde zur Ausn. Üblicherweise wird v Gläubiger beigetriebener Unterhalt angesichts dessen Vermögenslage später v Schuldner nicht (ohne Weiteres) zurückerlangt werden können, weil Unterhalt nur bei Bedürftigkeit geschuldet ist. Das Risiko, dass Rückforderungsansprüche nicht realisierbar sein können, ist mithin gerade bei Unterhaltsforderungen die normale Folge der ZV. Regelmäßige Folgen v Vollstreckungsmaßnahmen müssen jedoch hingenommen werden (Kobl FamRZ 20, 1093 mwN; Bremen FamRZ 11, 322; aA Frankf FamRZ 10, 1370; diff, nach laufendem u rückständigen Unterhalt: Brandbg FamRZ 19, 1947 bzw für eine Beschränkung der Vollstreckung der Höhe nach dahin, dass jedenfalls ein notwendiger Unterhalt des Gläubigers sichergestellt ist, in Betracht ziehend: Keidel/Weber Rz 17). Im Hinblick darauf kann in den Fällen, in denen zu erwarten ist, dass Rückforderungsansprüche wg zu Unrecht beigetriebenen Unterhalts nicht realisiert werden können, die Vollstreckung nur dann einstw eingestellt werden, wenn das Rechtsmittel des Schuldners m hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein u der nicht zu ersetzende Nachteil auf andere Gründe gestützt wird als die Nichteinbringlichkeit eines Rückforderungsanspruchs. Als anderer Grund idS genügt jedoch ebf nicht allein die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber durch Vollstreckungsmaßnahmen v den Unterhaltsschulden erfährt (Hambg FamRB 12, 279). Erforderlich ist vielmehr, dass zB die wirtschaftliche Existenz des Schuldners gefährdet wird. Das kann der Fall sein, wenn ihm infolge der Vollstreckungsmaßnahmen die Kündigung droht (Kobl FamRZ 05, 468) oder wenn einem Selbstständigen m der Erfüllung des sofort wirksamen Unterhaltstitels die Mittel zur Aufrechterhaltung seines Betriebs genommen würden. Weniger strenge Anforderungen stellen Teile der Rspr, soweit rückständiger Unterhalt betroffen ist. Entspr der Regel, dass v der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit bei diesem abgesehen werden kann (BTDrs 16/6308, 412; BGH FamRZ 13, 1731; s § 116 Rn 5), soll für die Einstellung der Vollstreckung v Unterhaltsrückständen der endgültige Verlust an den nach Verbrauch zur Rückerstattung unfähigen Schuldner zur Annahme eines nicht zu ersetzenden Nachteils genügen (Brandbg FamRZ 15, 165; 14, 866).

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