Rn 1

Die Vorschrift (bis 2015: ex-Art 23) greift in räumlich-territorialer Hinsicht – entgegen der früheren Rechtslage (EuGH Slg 05, I-1383) – auch dann ein, wenn keine der beteiligten Parteien einen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat.

 

Rn 2

Die Vorschrift gilt nur für Gerichtsstandsvereinbarungen (Prorogation, Derogation), nicht für zivilrechtlich wirksame Erfüllungsortsvereinbarungen (EuGH Slg 80, 89). Anders liegt es aber, wenn die Vereinbarung nur auf eine abstrakte, zur Gerichtsstandsbegründung dienende Vereinbarung zielt; dann gilt Art 25 (EuGH Slg 97, I-911). Der Begriff Gerichtsstandsvereinbarungen ist europäisch autonom zu verstehen. Insofern ist eine gewisse Parallele zum Vertragsbegriff des Art 7 Nr 1 möglich, so dass es darauf ankommt, ob eine freiwillig zustande gekommene Zustimmung zur Prorogation vorliegt. Deshalb erfasst der Begriff der Gerichtsstandsvereinbarung auch entsprechende Klauseln in der Satzung einer Gesellschaft (EuGH Slg 92, I-1745 Rz 15 ff). Vereinbart werden muss schließlich die Zuständigkeit eines mitgliedstaatlichen Gerichts (EuGH Slg 00, I-9337).

 

Rn 3

Art 25 genießt innerhalb seines Anwendungsbereichs Vorrang vor dem nationalen Prozessrecht. Das bedeutet einmal, dass Gerichtsstandsvereinbarungen, wenn die Voraussetzungen des Art 25 und einer wirksamen Einigung vorliegen, für wirksam gehalten werden müssen. Zum anderen bedeutet es, dass das nationale Recht bei Vorliegen dieser Voraussetzungen keine dem widersprechenden Unwirksamkeitsgründe vorsehen darf. Allerdings ist zu beachten, dass sich das Vorliegen eines wirksamen Konsenses nach dem hierauf anwendbaren nationalen Recht bestimmt. Demgegenüber ist es den Mitgliedstaaten insb verboten, von Art 25 abweichende oder zusätzlich zu dieser Vorschrift geltende Formerfordernisse aufzustellen. Deshalb können internationale Handelsbräuche, auf die Art 25 Bezug nimmt, auch nicht durch nationales Prozessrecht oder dort etwa enthaltene Formerfordernisse verdrängt werden (EuGH Slg 99, I-1597 Rz 38). Auch ein bestimmtes nationales Sprachenregime ist als unzulässiges zusätzliches Formerfordernis idS anzusehen (EuGH Slg 81, 1671). Letzteres dürfte aber nicht generell ausschließen, dass das Vorliegen des erforderlichen Konsenses im Einzelfall nach nationalem Recht an der Realisierung eines Sprachrisikos scheitert.

 

Rn 4

Der Anwendungsbereich des Art 25 wird durch das Haager Gerichtsstandsübereinkommen eingeschränkt, das am 1.10.15 in Kraft trat, allerdings derzeit nur in der EU und in Mexiko. Innerhalb der EU und im Verhältnis zu anderen Drittstaaten bleibt es bei der Brüssel Ia-VO (näher: Pfeiffer ZZP 127 [14], 409, 418 f u ders IWRZ 2016, 19 u 69).

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