Gesetzestext

 

(1) Unbeschadet der Bestimmungen dieses Kapitels gilt für das Vollstreckungsverfahren das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats. Eine als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung wird unter den gleichen Bedingungen vollstreckt wie eine im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangene Entscheidung.

(2) Der Gläubiger ist verpflichtet, den zuständigen Vollstreckungsbehörden des Vollstreckungsmitgliedstaats Folgendes zu übermitteln:

a) eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, und
b) eine Ausfertigung der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, und
c) ggf eine Transkription der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel oder eine Übersetzung dieser Bestätigung in die Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats oder – falls es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt – nach Maßgabe der Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats in die Verfahrenssprache oder eine der Verfahrenssprachen des Ortes, an dem die Vollstreckung betrieben wird, oder in eine sonstige Sprache, die der Vollstreckungsmitgliedstaat zulässt. Jeder Mitgliedstaat kann angeben, welche Amtssprache oder Amtssprachen der Organe der Europäischen Gemeinschaft er neben seiner oder seinen eigenen für die Ausstellung der Bestätigung zulässt. Die Übersetzung ist von einer hierzu in einem der Mitgliedstaaten befugten Person zu beglaubigen.

(3) Der Partei, die in einem Mitgliedstaat eine Entscheidung vollstrecken will, die in einem anderen Mitgliedstaat als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt wurde, darf wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen Fehlens eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthaltsorts eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung es auch sei, nicht auferlegt werden.

 

Rn 1

Der in Art 1 angestrebte freie Verkehr der Entscheidungen wird dadurch realisiert, dass Europäische Vollstreckungstitel wie nationale Titel behandelt werden (Abs 1). Das Vollstreckungsverfahren richtet sich nach dem Verfahrensrecht des Vollstreckungsstaates. Daher sind im Grundsatz auch die nach dem Recht des Vollstreckungsstaates vorgesehenen Rechtsbehelfe statthaft, sofern mit ihnen nicht eine gem Art 21 II untersagte Überprüfung ›in der Sache selbst‹ verbunden ist (zur Lage in Deutschland s §§ 1085f). Eine Diskriminierung des Vollstreckungsgläubigers aufgrund seiner Herkunft ist unzulässig (Abs 3), wobei dieses Verbot auch Personen aus Drittstaaten schützt, die Gläubiger eines Europäischen Vollstreckungstitels sind (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Jennissen/Eichel Rz 5).

 

Rn 2

Dem Vollstreckungsorgan im Vollstreckungsstaat ist der Titel selbst und seine Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel vorzulegen, und zwar jeweils in Originalausfertigung (Abs 2 lit a und b). Hinsichtlich der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel ist gem Abs 2 lit c ggf eine Transkription aus einer anderen Schrift und ggf eine Übersetzung in die im Vollstreckungsstaat erlaubte Sprache vorzulegen; für Vollstreckung in Deutschland s § 1083. Die in den anderen Mitgliedstaaten erlaubten Sprachen lassen sich den Länderseiten im Europäischen Justizportal entnehmen (https://e-justice.europa.eu/content_european_enforcement_order-376-de.do?clang=de). Die Aufzählung des Abs 2 ist abschließend, dh weitere Unterlagen dürfen von den Vollstreckungsorganen nicht verlangt werden (vgl § 1082 Rn 2).

 

Rn 3

Die in Abs 1 angeordnete Geltung des Verfahrensrechts desjenigen Mitgliedstaates, in dem die Vollstreckung stattfinden soll, erstreckt sich auch auf die Auslegung des Inhalts des Titels, zB hinsichtlich der Person des Schuldners (BGH NJW 10, 2137 [BGH 26.11.2009 - VII ZB 42/08]).

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