Gesetzestext

 

(1) Die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel wird auf Antrag an das Ursprungsgericht

a) berichtigt, wenn die Entscheidung und die Bestätigung aufgrund eines materiellen Fehlers voneinander abweichen;
b) widerrufen, wenn sie hinsichtlich der in dieser Verordnung festgelegten Voraussetzungen eindeutig zu Unrecht erteilt wurde.

(2) Für die Berichtigung oder den Widerruf der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel ist das Recht des Ursprungsmitgliedstaats maßgebend.

(3) Die Berichtigung oder der Widerruf der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel können unter Verwendung des Formblatts in Anhang VI beantragt werden.

(4) Gegen die Ausstellung einer Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel ist kein Rechtsbehelf möglich.

 

Rn 1

Da die Bestätigung ohne Anhörung des Schuldners ergeht, gibt ihm die Vorschrift nachträgliche Mittel in die Hand, mit der er – ebenso ggf der Gläubiger – sich gegen eine angeblich fehlerhafte Bestätigungsentscheidung zur Wehr setzen kann. Diese Rechtsbehelfe sind stets im Ursprungsmitgliedstaat einzulegen, weil das System der EuVTVO keine nachträgliche Kontrolle im Vollstreckungsstaat kennt. Abs 4 ist so zu verstehen, dass über die in der Vorschrift genannten Rechtsbehelfe keine weiteren – etwa des nationalen Prozessrechts – zulässig sind. Der in Abs 2 enthaltene Verweis auf das nationale Recht des Ursprungsmitgliedstaats bezieht sich nur auf Verfahrensvorschriften. Sie sind in Deutschland in § 1081 geregelt.

 

Rn 2

Sowohl Gläubiger wie auch Schuldner können beim Ursprungsgericht des Europäischen Vollstreckungstitels die Korrektur von Fehlern beantragen. Der Begriff des ›materiellen Fehlers‹ ist irrelevant; vielmehr ist jede Abweichung zwischen dem ursprünglichen Titel und ihrer Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel berichtigungsfähig (M. Stürner GPR 10, 43, 45 mwN). In Betracht kommen va Schreib- oder Rechenfehler, zB bei falscher Übertragung der Angaben aus der zu bestätigenden Entscheidung (Wagner IPRax 05, 189, 197). In Deutschland gelten § 319 II und III entsprechend, s § 1081 III. Der Berichtigungsantrag ist jederzeit möglich, eine Frist gibt es nicht.

 

Rn 3

Dagegen betrifft der Antrag auf Widerruf des Europäischen Vollstreckungstitels dessen sachliche Voraussetzungen, dh insb den Anwendungsbereich der VO (Art 2 ff) und die Bestätigungsvoraussetzungen des Art 6 einschließlich der Einhaltung der in Art 12 ff normierten verfahrensrechtlichen Mindeststandards. Die Vorschrift ordnet den Widerruf nur für den Fall an, dass diese Vorschriften ›eindeutig‹ verletzt sind (Abs 1 lit b), wobei aber fraglich ist, was mit dieser Hürde gemeint sein soll. Damit kann kaum ein besonders schwerer Rechtsverstoß gemeint sein, da dies eine weitgehende Entwertung der genannten Vorschriften bedeuten würde. Daher ist ›eindeutig zu Unrecht‹ in Abs 1 lit b schlichtweg als ›zu Unrecht‹ zu lesen (Gebauer/Wiedmann/Bittmann Rz 5; M. Stürner GPR 10, 43, 46 mwN), was auch den Verstoß gegen Zuständigkeitsvorschriften umfasst (vgl zum Verbraucherschutz Rott EuZW 05, 167, 168). Allenfalls mag man das ›eindeutig‹ im Sinne einer Beweislastregel zu Lasten des Schuldners verstehen (so Zö/Geimer Rz 6).

 

Rn 4

Der Antrag auf Widerruf ist in Deutschland gem § 1081 II 1, 2 innerhalb eines Monats nach Zustellung; bei Zustellung im Ausland innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung zu stellen.

 

Rn 5

Aus Abs 4 ergibt sich zunächst, dass die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel ausschließlich mit den dort genannten Rechtsbehelfen angegriffen werden kann. Über Rechtsbehelfe des Gläubigers gegen die Nichtbestätigung schweigt die Vorschrift; insoweit gilt das nationale Prozessrecht (in Deutschland § 1080 II). Zu Rechtsmitteln gegen den Widerruf der Bestätigung oder gegen die Ablehnung eines solchen Widerrufs s § 1081 Rn 3.

 

Rn 6

Die Vorschrift schweigt über die Zustellung der Bestätigung an den Schuldner. Weil aber die in der Vorschrift genannten Rechtsbehelfe eine Kenntnisnahme der Bestätigung voraussetzen, ist sie dem Schuldner nach allgemeinen Regeln – dh ggf nach EuZVO – zuzustellen (für Deutschland in § 1080 I geregelt).

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