Leitsatz

Auch inhaltsrechtliche Prüfung eines Verwalterabberufungsbeschlusses durch das Gericht bei unterbliebener (ausdrücklicher) Verkündung des Beschlussergebnisses

 

Normenkette

§§ 23 Abs. 4, 26 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG

 

Kommentar

  1. Zur Abstimmung über den Antrag auf Abberufung einer Verwalterin aus wichtigem Grund wurde im Protokoll nur das Abstimmungsergebnis festgehalten. Eine Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses wurde nicht protokolliert.
  2. Das rechtswirksame Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses setzt konstitutiv eine Beschlussergebnisfeststellung voraus (BGH v. 23.8.2001, V ZB 10/01, BGHZ 148, 335; jüngst Becker, ZWE 2006, 157; F. Schmidt, ZWE 2006, 164). Allerdings kann nach BGH auch eine konkludente Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses genügen, sodass die Aufnahme in das Versammlungsprotokoll nicht notwendig ist. Dabei ist jedoch zu beachten, dass zumindest dann, wenn ein Beschluss auch für Sondernachfolger gelten soll, für die Auslegung nur solche Umstände Berücksichtigung finden können, die für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind, sich insbesondere aus dem Protokoll ergeben (BGH v. 10.9.1998, V ZB 11/98, BGHZ 139, 289 (292) = NJW 1998, 3713). Daher wird für die Annahme einer konkludenten Feststellung i. d. R. die bloße Wiedergabe des für sich genommenen eindeutigen Abstimmungsergebnisses im Versammlungsprotokoll genügen, es sei denn, dass sich das hieraus folgende Beschlussergebnis nach den zu berücksichtigenden Umständen, insbesondere aufgrund der protokollierten Erörterungen in der Eigentümerversammlung vernünftigerweise infrage stellen lässt. Allein aus dem Fehlen einer Beschlussfeststellung im Protokoll lässt sich hiernach regelmäßig noch nicht schließen, dass ein Beschluss nicht zu Stande gekommen ist; im Zweifel wird vielmehr bei einem protokollierten klaren Abstimmungsergebnis von einer konkludenten Beschlussfeststellung auszugehen sein.

    Eine ausdrückliche oder sinngemäße Erklärung des Versammlungsleiters, der Antrag sei mehrheitlich angenommen worden, wird es bei kleineren Eigentümergemeinschaften, übersichtlichen Anträgen und eindeutigen Abstimmungsergebnissen deshalb nicht zusätzlich bedürfen.

  3. Vorliegend wurde ein solcher Beschluss auch wegen inhaltlicher Mängel angefochten. In diesem Fall unterliegt es i. d. R. keinen Bedenken, jedenfalls im Abweisungsantrag zugleich das Zwischenfeststellungsbegehren zu erblicken, dass der fragliche Beschluss auch wirksam festgestellt und verkündet worden sei. Im Anfechtungsverfahren hat dies zur Folge, dass das Gericht das Zustandekommen des Beschlusses inzident prüfen und bejahendenfalls zugleich über die materielle Rechtmäßigkeit des Beschlusses entscheiden kann und muss (vgl. Abramenko, ZMR 2004, 789, 792; Becker, ZWE 2006, 157, 161; ähnlich Merle in Bärmann/Pick/Merle, 9. Aufl. § 23 Rn. 43; a. A. Müller, Rn. 818; Wenzel, ZWE 2000, 382, 385). Voraussetzung ist jedoch, dass das Gericht in der Lage ist, das Beschlussergebnis zweifelsfrei festzustellen und so den Tatbestand für das Entstehen eines Eigentümerbeschlusses zu komplettieren, sodass auch einer inhaltlichen Überprüfung des Beschlusses nichts im Wege steht.
  4. Im vorliegenden Fall wurden zu Recht wichtige Gründe für die Abberufung der Verwalterin vom LG verneint.
 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 15.11.2006, 34 Wx 097/06OLG München v. 15.11.2006, 34 Wx 097/06

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