Leitsatz

Hat der Vermieter dem Mieter eine Werkmietwohnung zu einer Miete überlassen, die unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, kann daraus allein nicht geschlossen werden, dass Vermieter bei einer Mieterhöhung zur Angleichung an die ortsübliche Vergleichsmiete den ursprünglichen proportionalen Abstand zwischen Ausgangsmiete und der ortsüblichen Vergleichsmiete einzuhalten hat. Ist davon auszugehen, dass in der Wohnungsüberlassung wegen einer reduzierten Miete eine vertraglich vereinbarte Mieterhöhungsbeschränkung vorliegt (§ 1 Satz 3 MHG), so ist dieser hinreichend Rechnung getragen, wenn die erhöhte Miete nominal um den Unterschiedsbetrag zwischen ursprünglicher Ausgangs- und Vergleichsmiete unter der nunmehrigen ortsüblichen Vergleichsmiete zurückbleibt.

 

Fakten:

Der Formularmietvertrag über eine Werkmietwohnung wurde mit Rücksicht auf den Arbeitsvertrag geschlossen. Nach dem Mietvertrag ist der Vermieter berechtigt, die Miete nach den gesetzlichen Vorschriften zu erhöhen. Die vereinbarte Miete lag etwa 40% unter der ortsüblichen Vergleichsmiete. Nach etwa 7½ Jahren forderte der Vermieter den Mieter auf, einer Erhöhung der seit Vertragsbeginn unveränderten Grundmiete zuzustimmen. Er bezog sich dabei auf den Mietspiegel. Die erhöhte Miete sollte nunmehr knapp 35% unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Der Mieter ist der Auffassung, dass der Vermieter die Miete nur in dem Verhältnis erhöhen dürfe, das zwischen der zuletzt vereinbarten Miete und der in diesem Zeitpunkt ortsüblichen Vergleichsmiete bestanden habe. Der Abstand von etwa 40% zur ortsüblichen Vergleichsmiete müsse daher gewahrt bleiben. Das Gericht entscheidet in dritter Instanz, dass der Vermieter bei vereinbarter Mieterhöhungsbeschränkung nur den nominalen und nicht den proportionalen Abstand von vereinbarter Miete und ortsüblicher Vergleichsmiete einhalten muss. Grundsätzlich wird mit der Vereinbarung eines niedrigeren als der ortsüblichen Miete kein Ausschluss einer späteren Mieterhöhung auf das ortsübliche Mietniveau vereinbart. Auch bei einer Gefälligkeitsmiete ist die Anhebung der Miete auf das ortsübliche Mietniveau zulässig. Eine Ausnahme gilt allerdings bei mietreduzierten Werkmietwohnungen mit der Begründung, bei ihnen lägen besondere Gründe im Sinne des § 1 Satz 3 MHG vor, die es rechtfertigen, den Vermieter an den proportionalen Abstand zwischen vereinbarter und ortsüblicher Vergleichsmiete festzuhalten. Die Mietpreisreduzierung einer Werkswohnung stellt eine Sozialleistung dar, die im Arbeitsverhältnis wurzelt. Auf deren Fortbestand kann der Arbeitnehmer nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen vertrauen. Eine günstigere Miete stellt eine Bargeldleistung neben dem eigentlichen Lohn dar, nach dem er seinen Lebenszuschnitt in schutzwürdiger Weise ausrichtet. Hier haben die Parteien eine Mieterhöhung nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Im Hinblick auf den Arbeitsvertrag sollte die Miete aber deutlich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Allerdings haben die Parteien nicht vereinbart, inwieweit der Vermieter in seinem Recht zur Mieterhöhung eingeschränkt sein soll. Der Parteiwille ist daher auszulegen. Aus dem Vertrag ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien den Spielraum des Vermieters für spätere Mieterhöhungen über seine aus der günstigen Ausgangsmiete abgeleitete Verpflichtung, weiterhin günstig zu vermieten, auf eine bestimmte Marge unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete einengen wollten. Soweit keine anderen Anhaltspunkte im Einzelfall vorliegen, ist die vereinbarte Mieterhöhungsbeschränkung daher hinreichend beachtet, wenn die erhöhte Miete nominal um den Unterschiedsbetrag zwischen ursprünglicher Ausgangs- und Vergleichsmiete unter der nunmehrigen ortsüblichen Vergleichsmiete zurückbleibt.

 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 22.02.2001, RE-Miet 2/00

Fazit:

Bei der Vermietung von mietvergünstigten Werkswohnungen wirken sich arbeitsrechtliche Grundsätze auf den Mietvertrag aus. Danach stellt die Mietvergünstigung des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer eine geldwerte Leistung neben dem eigentlichen Arbeitslohn dar. Der Arbeitnehmer richtet seinen privaten Lebenszuschnitt darauf ein und hat für die Dauer des Arbeitsverhältnisses ein schutzwürdiges Interesse daran, dass seine durch die günstige Miete mitbestimmten Einkommensverhältnisse im Wesentlichen erhalten bleiben. Diesem Bestandsinteresse gebührt aber nicht der uneingeschränkte Vorrang vor dem Vermieterinteresse. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes kann der Arbeitgeber nicht gezwungen werden, die finanzielle Grundausstattung oder den jährlich vorgesehenen Zuschuss für Werkmietwohnungen zu erhöhen. Dies wäre bei dem Erhalt des proportionalen Verhältnisses von ursprünglicher Ausgangs- und Vergleichsmiete der Fall. Insoweit hat der Mieter aber keinen Bestandsschutz. Etwas anderes könnte gelten, wenn der Arbeitgeber die Miete für die überlassene Werkmietwohnung bei wiederholten Mieterhöhungen unter Berücksichtigung d...

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