Leitsatz

Das in §5 Satz1 Buchst.c FAO aufgestellte Erfordernis, dass die nachzuweisenden besonderen praktischen Erfahrungen innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung gesammelt sein müssen, ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

 

Sachverhalt

Der Antragsteller ist seit Juli 1999 als Rechtsanwalt zugelassen. Zuvor war er als Rechtssekretär beim DGB angestellt und bearbeitete dort arbeitsrechtliche Angelegenheiten von Gewerkschaftsmitgliedern. Er übte diese Beschäftigung persönlich und weisungsfrei aus. Sie entsprach hinsichtlich der Bearbeitungs- und Büroabläufe einer anwaltlichen Tätigkeit. Am 31.12.2002 beantragte der Anwalt, die Bezeichnung "Fachanwalt für Arbeitsrecht" führen zu dürfen. Zum Nachweis seiner praktischen Erfahrungen legte er eine Liste mit Fällen aus der Zeit von Ende 1999 bis Ende 2002 vor, die er als Rechtsanwalt bearbeitet hatte, außerdem eine Liste mit Fällen aus seiner Zeit als Rechtssekretär. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag ab, weil der Nachweis der besonderen praktischen Erfahrungen i.S. von §5 Satz1 Buchst.c FAO nicht erbracht sei. Der AnwGH wies ein hiergegen gerichtetes Rechtsmittel zurück. Die Beschwerde beim BGH blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Die aufgrund des §5 Satz1 Buchst.c FAO nachzuweisenden besonderen praktischen Erfahrungen müssen "innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung" gesammelt worden sein. Dieser Voraussetzung genügte der Antragsteller nicht, weil seine Beschäftigung beim DGB Mitte 1999 geendet hatte. Während des maßgeblichen Zeitraums war er ausschließlich als Rechtsanwalt tätig.

Gegen den Drei-Jahres-Zeitraums bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Festlegung eines bestimmten Zeitraums soll eine eindeutige Überprüfung der Voraussetzungen ermöglichen[1]. Zwar ist nach §3 FAO Voraussetzung für die Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung "eine dreijährige Zulassung und Tätigkeit innerhalb der letzten sechs Jahre vor Antragstellung". Die besonderen praktischen Erfahrungen, die nach §5 Satz1 FAO nachzuweisen sind, müssen aber innerhalb dieser drei Jahre gesammelt worden sein. Die gegenteilige Auffassung würde dem Bedürfnis nicht gerecht, über den Antrag aufgrund zeitnaher Erkenntnisse zu entscheiden. Praktische Erfahrungen können nicht nur mit der Intensität und Dauer der Berufsausübung wachsen[2]; sie können, falls sie zu lange zurückliegen, auch "altern". Das rechtsuchende Publikum darf jedoch erwarten, dass ein Rechtsanwalt, dem die Befugnis verliehen wird, sich als Fachanwalt auf einem bestimmten Gebiet zu bezeichnen, sich mit seinen Erfahrungen auch auf der Höhe der Zeit befindet. Wenn die Drei-Jahres-Frist nicht strikt beachtet würde, könnte die Beurteilungsgrundlage nicht mehr verlässlich eingegrenzt werden. Müssten auch praktische Erfahrungen aus dem vierten Jahr vor Antragstellung berücksichtigt werden, ließe sich nicht überzeugend begründen, warum dies nicht auch für solche aus dem fünften Jahr usw. gelte.

 

Praxishinweis

Der Senat lässt ausdrücklich offen, ob die Bearbeitung von Fällen als Rechtssekretär grundsätzlich zum Nachweis der besonderen praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts geeignet ist. Er lässt überdies durchblicken, dass Fallzahlen für sich genommen nicht absolut gewertet werden müssen. Vielmehr könne u.U. auch eine abweichende Gewichtung zu Gunsten des Antragstellers in Frage kommen, z.B. bei einer einschlägigen Vortätigkeit als Syndikusanwalt oder Verbandssyndikus[3].

 

Link zur Entscheidung

BGH-Beschluss vom 18.4.2005, AnwZ (B) 31/04

[1] Vgl. Henssler, in: Henssler/Prütting, BRAO, 2. Aufl., München 2004, §5 FAO Rz.2
[2] Vgl. Stobbe, in: Henssler, ebenda, §3 FAO Rz. 3
[3] Vgl. Hennsler, a.a.O. (Fn.1), §5 FAO Rz. 8; BGH-Beschluss vom 13.1.2003, AnwZ (B) 25/02, NJW 2003, S.883

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