Leitsatz

Das OLG hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Anhörung eines Kindes im Rahmen eines Verfahrens zur Regelung des Umgangs auch dann erforderlich ist, wenn die Eltern eine Anhörung des Kindes ablehnen.

 

Sachverhalt

Die Parteien waren seit dem 23.5.2006 geschieden. In einer notariellen Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung hatten sie auch das Umgangsrecht geregelt. Die Regelung enthielt insoweit Spielräume, als bestimmte Zeiten für das Umgangsrecht nicht vorgegeben waren. Die Durchführung des Umgangs führte immer wieder zu Streitigkeiten zwischen den Eltern. Die Kindesmutter begehrte daher eine gerichtliche Umgangsregelung mit der Festlegung starrer Zeiten für die Wochenenden, Ferienzeiten und Feiertage. Der Kindesvater wehrte sich hiergegen und vertrat die Auffassung, eine starre Regelung könne er aus beruflichen Gründen nicht einhalten.

Beide Eltern haben das FamG übereinstimmend gebeten, von einer Kindesanhörung abzusehen. Das FamG hat daraufhin aufgrund der Verhandlung nur mit den Eltern die in der Vereinbarung enthaltene unbestimmte Umgangsregelung durch eine solche mit einer konkreten Umgangsregelung ersetzt. Hiergegen wandte sich die Beschwerde des Kindesvaters, der an der notariellen Vereinbarung festhalten wollte und die Auffassung vertrat, diese treffe ausreichende Bestimmungen auch für den Fall von Differenzen zwischen den Eltern. Das Rechtsmittel des Kindesvaters war erfolgreich.

 

Entscheidung

Das OLG hat den angefochtenen Beschluss aufgehoben und das Verfahren an das FamG zurückverwiesen. Zur Begründung führte es aus, dass die Nichtanhörung des inzwischen 11-jährigen Kindes einen schweren Verfahrensmangel darstelle. Im Rahmen der Amtsermittlung komme es nicht darauf an, ob die Eltern eine Anhörung des Kindes ablehnten. Im Rahmen einer erforderlichen Umgangsregelung sei insbesondere das Wohl eines minderjährigen Kindes zu berücksichtigen, was nur dadurch geschehen könne, dass es auch persönlich angehört werde. Nur aus schwerwiegenden Gründen dürfe von einer Anhörung abgesehen werden.

Zur Ausgestaltung des Umgangsrechts wies das OLG ausdrücklich darauf hin, dass es dem FamG obliege, vereinbarte Spielräume eines Vertrages durch eine konkrete und durchsetzbare Regelung zu ersetzen, wenn gerade die in einer Vereinbarung enthaltenen Spielräume zu Streitigkeiten zwischen den Eltern geführt hätten. Vollstreckbar sei eine Umgangsregelung nur dann, wenn sie hinreichend präzise sei, insbesondere das Umgangsrecht nach Ort, Zeit, Häufigkeit, die Umstände der Abholung und des Bringens des Kindes enthalte.

 

Hinweis

Die Entscheidung des OLG Oldenburg folgt der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Rechtsauffassung. Die persönliche Anhörung eines Kindes in Umgangsverfahren ist ein Verfahrensgrundsatz mit Verfassungsrang. Das minderjährige Kind ist Subjekt des Umgangsregelungsverfahrens. Die persönliche Anhörung dient dem Schutz dieses Verfahrensgrundsatzes.

Hinsichtlich der Konkretisierung des Umgangsrechts wies das OLG darauf hin, dass eine Regelung hierzu nur vollstreckbar sei, wenn sie ohne ergänzende Auslegung mit den gesetzlichen Zwangsmitteln auch durchgesetzt werden könne.

 

Link zur Entscheidung

OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 06.07.2009, 13 UF 54/09

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