Leitsatz

Vor Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft eingeleitete Werklohnklage gegen alle Eigentümer in gesamtschuldnerischer Haftung kann nicht nachfolgend aufgrund Änderung der Rechtsprechung (BGH, Beschluss v. 2.6.2005) im Rubrum dahingehend berichtigt werden, dass die Gemeinschaft verklagt ist; notwendig ist vielmehr ein Parteiwechsel

 

Normenkette

§ 10 Abs. 6 WEG; §§ 253 Abs. 2 Nr. 1, 263, 319 Abs. 1 ZPO

 

Kommentar

1. Werden vor Anerkennung der Teilrechts- und Parteifähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft die Eigentümer gesamtschuldnerisch auf Werklohn wegen Arbeiten am Gemeinschaftseigentum (hier: für Zimmerer-, Klempner- und Dachdeckerarbeiten am Gemeinschaftseigentum) in Anspruch genommen, kann nicht allein wegen Änderung der Rechtsprechung (hier zur Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft gemäß BGH, Beschluss v. 2.6.2005, BGHZ 163 S. 154, 173) das Rubrum dahingehend berichtigt werden, dass (nunmehr) die Wohnungseigentümergemeinschaft verklagt ist; vielmehr ist von der Notwendigkeit eines Parteiwechsels, d.h. einer subjektiven Klageänderung nach § 263 ZPO auszugehen.
2. Auch wenn die ursprünglich im Jahr 2000 erhobene Klage nach altem Recht korrekt erhoben war, handelt es sich im Anschluss an die BGH-Entscheidung vom 2.6.2005 nunmehr um sog. Verwaltungsschulden, die nach neuem und zzt. geltendem Recht (vgl. § 10 Abs. 6 Satz 1, 2 WEG) nunmehr die Wohnungseigentümergemeinschaft betreffen und die von dieser aus ihrem Verwaltungsvermögen materiell-rechtlich zu bedienen sind; eine akzessorische gesamtschuldnerische Haftung der Eigentümer käme ausnahmsweise nur in Betracht, wenn sich hier die Eigentümer neben dem Verband klar und eindeutig auch persönlich verpflichtet hätten, was vorliegend nicht ersichtlich war.
3. Richtete sich eine Klage von Anfang an nicht gegen die Gemeinschaft, scheidet allerdings eine Rubrumsberichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO nachträglich aus. Insoweit geht es nicht um eine prozessuale Auslegung von Parteibezeichnungen. Vorliegend war die Bezeichnung der beklagten Eigentümer in der Klageschrift nicht fehlerhaft, sondern entsprach sogar der damals geltenden Rechtslage gesamtschuldnerischer Haftung der Eigentümer im Außenverhältnis gegenüber Gläubigern. Die Auslegung der Parteibezeichnung in der Klageschrift dahingehend, dass die Klage von Anfang an gegen die Gemeinschaft gerichtet war, kann nicht in die Benennung des falschen, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Rechtssubjekts als Partei korrigiert werden. Die Auslegung ginge hier an dem objektiv durch die gewählte Parteibezeichnung geäußerten Willen des Klägers vorbei. Ein Kläger muss sich an der von ihm gewählten falschen Parteibezeichnung festhalten lassen, wie dies auch der Fall gewesen wäre, wenn eine Klage gegen die Eigentümer überhaupt erst nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft erhoben worden wäre (vgl. OLG Düsseldorf, Baurecht 2009 S. 1751). Der Fall ist hier nicht vergleichbar mit der Rechtsprechung des V. Zivilsenats zu §§ 46 und 44 WEG.
4. Auch ging es vorliegend nicht um einen Fall prozessualer (Gesamt-) Rechtsnachfolge, auf die Vorschriften der §§ 239 ff. analog §§ 325, 727 ZPO anzuwenden seien (vgl. hierzu auch Jacoby, NJW 2003, S. 1644 m.w.N.). Hier war nicht von einer Vermögensnachfolge der nunmehr teilrechtsfähigen Gemeinschaft auszugehen, ebenso nicht von einer prozessualen Rechtsnachfolge als Grundlage einer zulässigen Berichtigung des Passivrubrums.
5. Der Kläger hätte deshalb vorliegend wie in anderen vergleichbaren Fällen dem Parteiwechsel Rechnung tragen müssen. Eine solche (subjektive) Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO ist im Verfahren 1. Instanz sachdienlich; im Berufungsverfahren dürfte jedenfalls eine Verweigerung der Zustimmung der Gemeinschaft zum Parteiwechsel i.d.R. als rechtsmissbräuchlich zu bewerten sein. Sollten Klageforderungen im Zeitpunkt des Parteiwechsels bereits verjährt sein, liegt es nahe, sofern nicht § 206 BGB Anwendung finden könnte, dass die Gemeinschaft nach Treu und Glauben daran gehindert wäre, sich auf Verjährung zu berufen.
6. Wenn vorliegend die Klägerseite hilfsweise beantragt hatte, dass dem primär verfolgten Antrag auf Rubrumsberichtigung kein Erfolg beschieden sei, könne darin eine unzulässige Bedingung liegen, die das Prozessrechtsverhältnis als solches betreffe. Dagegen wendete sich die Revision allerdings nicht, sodass die Entscheidung des Berufungsgerichts auch in diesem Punkt Bestand behielt.
7. Dennoch sieht der Senat Anlass, darauf hinzuweisen, dass das klägerische Begehren darin bestand, das gegen die Eigentümer begonnene Verfahren nunmehr ausschließlich gegen die Gemeinschaft weiterzuführen. Der Berichtigungsantrag des Passivrubrums mit Hilfsantrag auf Parteiwechsel hat mit einer alternativen Klagehäufung nichts zu tun, da die im Hilfsantrag liegende Bedingung eine innerprozessuale und die Verknüpfung eines Parteiwechsels mit dem Scheitern des Hauptantrags auf Rubrumsberichtigung für zulässig angesehen hätte...

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