Verfahrensgang

VG Gelsenkirchen (Aktenzeichen 10 L 1857/00)

 

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Der Antragsgegner und die Beigeladenen – diese als Gesamtschuldner – tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens je zur Hälfte; die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 10.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Zulassungsanträge der Beigeladenen (I.) und des Antragsgegners (II.) haben keinen Erfolg, denn die Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerde nach § 146 Abs. 4 und 5 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

I. Die von den Beigeladenen geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Beschwerde nach § 146 Abs. 4 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 und 5 VwGO sind nicht gegeben.

1. Das Antragsvorbringen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses (Zulassungsgrund nach § 146 Abs. 4 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung tragend darauf gestützt, das genehmigte Bauvorhaben sei mit hoher Wahrscheinlichkeit unvereinbar mit den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 223 der Stadt G. für den Bereich „Westlich F. straße”, denn es verstoße gegen § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO und den daraus folgenden Schutzanspruch des Nachbarn auf die Bewahrung der Gebietsart. Diese Einschätzung wird durch das Vorbringen der Beigeladenen im Zulassungsverfahren nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der vom Verwaltungsgericht zugrundegelegte Entscheidungsmaßstab für die Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist – ungeachtet der Frage nach der Rechtzeitigkeit der darauf bezogenen Zulassungsrüge im Schriftsatz vom 19. Oktober 2000 – zutreffend und steht mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang.

In einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist, wie das Verwaltungsgericht zugrunde gelegt und der Senat wiederholt entschieden hat,

vgl. etwa Senatsbeschluss vom 7. November 1995 – 10 B 2132/95 – m.w.N.,

regelmäßig von der Gültigkeit eines Bebauungsplans auszugehen, es sei denn, die Fehlerhaftigkeit des Planes drängt sich als offensichtlich auf. Gegen diesen Grundsatz wenden die Beigeladenen im Zulassungsverfahren nichts ein, jedenfalls fehlt es insoweit an einer hinreichenden Darlegung gemäß § 146 Abs. 5 Satz 3 VwGO. Abgesehen davon weist der Senat darauf hin, dass der angewandte Maßstab für die Überprüfung von Bebauungsplänen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar ist. Die Möglichkeit, dass in einem eventuell nachfolgenden Hauptsacheverfahren die Ungültigkeit des Bebauungsplans festgestellt wird, führt nämlich nicht dazu, dass die Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren maßgeblich (auch) mit an einer Folgenabwägung auszurichten wäre. Abgesehen davon hat der Gesetzgeber zur Gewährleistung effektiven vorläufigen Rechtsschutzes gegen Bebauungspläne unabhängig von der Möglichkeit der Inzidentkontrolle auch den Rechtsbehelf der einstweiligen Anordnung im Normenkontrollverfahren gemäß § 47 Abs. 6 VwGO vorgesehen. Von diesem Rechtsbehelf haben die Beigeladenen vor Erteilung der Baugenehmigung keinen Gebrauch gemacht.

Eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit des Bebauungsplans ist nach dem Antragsvorbringen nicht gegeben. Die textliche Festsetzung Nr. 1.4.1 des Bebauungsplans ist nicht zu beanstanden. Danach sind in dem Allgemeinen Wohngebiet Nr. 29, in dem das im Streit stehende Bauvorhaben realisiert werden soll, Wohngebäude gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO i.V.m. § 1 Abs. 5 BauNVO nur ausnahmsweise zulässig, wenn Sicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen der Untergrundverhältnisse erfolgt sind. Diese Festsetzung hält sich im Rahmen der einschlägigen Ermächtigungsgrundlage des § 1 Abs. 5 BauNVO. Danach kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2, 4 bis 9 und 13 allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Die letztgenannte Voraussetzung ist hier entgegen dem Vorbringen der Beigeladenen gegeben. Baugebiet im Sinne von § 1 Abs. 5 BauNVO ist im vorliegenden Fall nicht das „Allgemeine Wohngebiet Nr. 29” sondern jedenfalls das gesamte durch den Bebauungsplan festgesetzte und nach den städtebaulichen Verhältnissen eine Einheit bildende allgemeine Wohngebiet,

vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 – 4 C 28.91 – BRS 55 Nr. 110,

das lediglich zur Kennzeichnung unterschiedlicher Detailfestsetzungen in 37 Teilgebiete untergliedert worden ist. Davon ausgehend bleibt die allgemeine Zweckbestimmung des Allgemeinen Wohngebiets gewahrt, auch wenn für den Teilbereich WA29 Wohngebäude nur in Ausnahmefällen zulässig sind. Anhaltspunkte für einen in der Antragsschrift der Sache nach gerügten Abwägungsfehler bei der in Rede stehenden Festsetzung bestehen nicht. Sie beruht ersichtlich auf dem im Bebauungsplanverfahren eingeholten Gutacht...

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