Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. hinreichende Erfolgsaussichten

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der für die Gewährung von Prozesskostenhilfe bezogen auf den Streitgegenstand des jeweiligen Rechtsstreits vorzunehmenden Beurteilung hinreichender Aussicht auf Erfolg dürfen die Anforderungen für eine Bewilligung der Prozesskostenhilfe mit Blick auf die gesetzliche Zielsetzung des Prozesskostenhilferechts nicht überspannt werden. Da es nicht Sinn des Prozesskostenhilfeverfahrens sein kann, den Rechtsstreit durch eine weitgehende rechtliche Vorausbeurteilung des Streitgegenstands quasi „vorwegzunehmen”, ist die Bewilligung gerechtfertigt, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zumindest vertretbar hält und bei Aufklärungsbedarf in tatsächlicher Hinsicht zumindest von der Möglichkeit der Beweisführung in seinem Sinne überzeugt ist.

 

Normenkette

AufenthG § 23 Abs. 1, § 60

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Beschluss vom 08.08.2007; Aktenzeichen 10 K 521/07)

 

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 8. August 2007 – 10 K 521/07 – wird den Klägern Prozesskostenhilfe ohne Verpflichtung zur Ratenzahlung für den ersten Rechtszug bewilligt und Rechtsanwalt W. W. aus B-Stadt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beigeordnet. Die Beiordnung erfolgt mit der Maßgabe, dass nur Kosten in der Höhe geltend gemacht werden können, wie sie durch die Beauftragung eines ortsansässigen Rechtsanwalts entstanden wären.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger sind serbische Staatsangehörige aus dem Kosovo, gehören zur Volksgruppe der „Ägypter”, reisten im März 1991 in die Bundesrepublik Deutschland ein, haben drei im Juni 1991, im September 1993 beziehungsweise im September 1994 geborene Kinder und sind nach erfolglosem Abschluss von ihnen eingeleiteter Asylverfahren (vgl. zum Abschluss des Erstverfahrens OVG des Saarlandes, Urteil vom 23.8.1995 – 9 R 956/94 –, Bundesamt: 1908507-138) vollziehbar ausreisepflichtig.

Mit Bescheid vom 8.11.2006 wies der Beklagte die Kläger auf die Ausreiseverpflichtung hin, forderte sie zum Verlassen der Bundesrepublik auf und drohte ihnen für den Fall der Nichtbefolgung die Abschiebung an.

Dagegen legten die Kläger noch im November 2006 Widerspruch ein, verwiesen auf einen Beschluss der Innenministerkonferenz vom 17.11.2006 und beantragten gleichzeitig, ihnen und ihren Kindern Aufenthaltserlaubnisse auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 AufenthG zu erteilen.

Der Rechtsbehelf wurde durch Widerspruchsbescheid vom 26.2.2007 zurückgewiesen. In der Begründung heißt es unter anderem, einer Abschiebung der Kläger nach Serbien stünden weder Abschiebungsverbote nach § 60 AufenthG noch Hindernisse im Sinne des § 60a Abs. 2 AufenthG entgegen. Das gelte auch für den Art. 8 EMRK, wobei insbesondere die Vorstrafen des Klägers gegen eine erfolgreiche Integration in seinem Fall sprächen. Die Verurteilungen unterlägen auch nicht dem Verwertungsverbot nach §§ 46 Abs. 1 Nr. 1a, 51 Abs. 1 BZRG. Gemäß § 47 Abs. 3 BZRG sei bei mehreren Verurteilungen die Tilgung einer Eintragung erst zulässig, wenn für alle die Voraussetzungen der Tilgung vorlägen. Die letzte Verurteilung datiere aus dem Jahr 2004 und sei erst 2009 zu tilgen.

Der Widerspruchsbescheid wurde am 7.3.2007 zugestellt. Dagegen haben die Kläger am 2.4.2007 Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung des Bescheides vom 8.11.2006 und des Widerspruchsbescheids vom 26.2.2007 begehren. Sie haben die Auffassung vertreten, dass die letzte Verurteilung im Jahre 2004 wegen des geringen Strafmaßes dem Bleiberechtsbegehren nicht entgegen gehalten werden könne. Für die bis zum Jahr 2001 begangenen Straftaten seien die Tilgungsfristen abgelaufen. Derart weit zurückliegende Verurteilungen geringfügiger Art könnten kein absolutes Erteilungshindernis nach der Bleiberechtsregelung darstellen.

Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 8.8.2007 zurückgewiesen. In den Gründen ist ausgeführt, die Verurteilungen seien wegen des § 47 Abs. 3 BZRG noch berücksichtigungsfähig. Aus der Begründung des Widerspruchsbescheids ergebe sich auch hinreichend, dass der Beklagte auch weitere Gründe, die für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder die weitere Aussetzung der Abschiebung hätten herangezogen werden können, gewürdigt habe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde der Kläger gegen die in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8.8.2007 – 10 K 521/07 – enthaltene Versagung der Prozesskostenhilfe hat Erfolg.

Nach der vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Vordruck) sind die Kläger mit Blick auf die nach §§ 166 VwGO, 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO vom einzusetzenden Einkommen abzuziehenden pauschalen Unterhaltsbeträge (vg...

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