Entscheidungsstichwort (Thema)

Entziehung der Fahrerlaubnis im Zusammenhang mit Fahrgastbeförderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Fahrerlaubnisinhaber den körperlichen und geistigen Anforderungen für die Beförderung von Fahrgästen nicht mehr genügt, so bedarf es zur Klärung dieser Frage in aller Regel zunächst (lediglich) einer medizinischen Begutachtung.

2. Eine medizinisch-psychologische Doppelbegutachtung ist nur dann veranlasst, wenn neben den körperlichen und geistigen Eignungszweifeln zusätzlich Zweifel an der charakterlichen Eignung begründeterweise geltend gemacht werden.

3. Bei Fahrerlaubnisklassen im Zusammenhang mit einer Fahrgastbeförderung kann die Fahrerlaubnisbehörde die gebotene medizinische Begutachtung, wie sich aus Ziffer 2 der Anlage 5 der FeV ergibt, durch eine amtlich anerkannte Begutachtungsstelle für Fahreignung anordnen.

 

Normenkette

FeV Ziff. 2 der Anl. 5

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Antragsteller zur Last.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,– Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14.3.2007 – 10 L 72/07 – bleibt ohne Erfolg.

Durch die angefochtene Entscheidung wurde der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung der Fahrerlaubnis für die Klassen D 1, D 1E, D und DE gemäß dem Bescheid des Antragsgegners vom 4.12.2006 zurückgewiesen. Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung vom 11.4.2007 dargelegten Gründe, die allein der Senat zu prüfen hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) geben – auch unter Berücksichtigung der der Antragsbegründung beigefügten Kopien aus dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren (3 Js 2774/06) sowie der ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz vom 10.5.2007 – keine Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern.

Der Senat schließt sich den insgesamt überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss an, dass nach den im Einzelnen dargelegten gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers ein hinreichender Gefahrenverdacht dahingehend besteht, dass diesem die Fahreignung für die mit einer Fahrgastbeförderung einhergehende Fahrerlaubnis der Klassen D 1, D1E, D und DE abzuerkennen ist.

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass der 1939 geborene Antragsteller in gesundheitlicher Hinsicht mehrfach beeinträchtigt ist. So erfolgte bei ihm bereits 1994 aufgrund „einer langstreckigen Koronarsklerose” eine Bypass-Operation

vgl. dazu das Fachärztliche Attest von Dr. med. R. vom 31.8.2006 (Bl. 84 der Behördenakte).

Unstreitig wurde bei ihm ein Herzschrittmacher eingesetzt

vgl. dazu die Arbeitsmedizinische Begutachtung des Dr. med. K. vom 8.2.2007, in welcher die „Schrittmacherversorgung” Erwähnung findet.

Im Januar 2005 musste ihm aufgrund eines akuten arteriellen Verschlusses der linke Oberschenkel amputiert werden vgl. das bereits genannte Attest des Dr. med. R. vom 31.8.2006; in der Arbeitsmedizinischen Begutachtung des Dr. med. K. vom 13.6.2005 (Bl. 7-10 der Behördenakte) ist allerdings von der Amputation des „linken Unterschenkels” die Rede.

Der Antragsteller leidet – so das bereits erwähnte Attest des Dr. R. vom 31.8.2006 – zudem an einer „insulinpflichtigen Diabetes”.

Von diesem komplexen, ärztlicherseits überwachungs- und behandlungsbedürftigen Krankheitsbild ausgehend, kann sodann der vom Antragsteller am 26.9.2006 verschuldete Verkehrsunfall in keiner Weise, wie dies der Antragsteller und seine Prozessbevollmächtigten versuchen

vgl. dazu den Schriftsatz vom 14.12.2006 sowie die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers gleichen Datums, verharmlost werden. Ausweislich der Verkehrsunfallanzeige vom 26.9.2006

vgl. Bl. 50-52 der Behördenakte,

missachtete der Antragsteller, der nach Schulschluss ca. 30 Schüler mit dem von ihm geführten KOM beförderte, die Vorfahrtsregel „rechts vor links” in einem Bereich, wo die Geschwindigkeit auf 30 km/h beschränkt war. Es handelte sich mithin um eine Örtlichkeit, die dem Antragsteller als Lenker eines Schulbusses genauestens bekannt sein musste, was die Kenntnis der „bedingten Übersichtlichkeit” – so der Polizeibericht – einschließt. Wenn in der Verkehrsunfallanzeige von dem polizeilichen Sachbearbeiter unter der Rubrik „Verkehrstüchtigkeit (ggf. Ausfallerscheinungen)” vermerkt worden ist, „Person erschien zerstreut, unkonzentriert, Verkennung der Realität in Bezug auf das Unfallgeschehen”, so gibt dies vor dem Hintergrund der bereits beschriebenen gesundheitlichen und körperlichen Beeinträchtigungen durchaus Veranlassung, die Eignung des Antragsteller zumindest unter dem Gesichtspunkt seiner Befugnis zur Fahrgastbeförderung mit den in Rede stehenden Fahrerlaubnisklassen (vgl. dazu § 6 FeV) in Frage zu stellen. Der vom Antragsteller bzw. seinen Prozessbevollmächtigten gegenüber der Polizei erhobene Vorwurf de...

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