Leitsatz (amtlich)

Zur Sanktionsfindung bei schwerem Dienstvergehen (hier: Entfernung aus dem Beamtenverhältnis)

 

Verfahrensgang

VG Magdeburg (Entscheidung vom 31.03.2011; Aktenzeichen 8 A 2/10)

 

Gründe

I.

Der im Jahr 1958 geborene Beklagte erlernte zunächst den Beruf eines Maurers und trat sodann in den Dienst der Volkspolizei der DDR ein. Noch im Jahr 1990 wurde er - zunächst auf der Basis eines Arbeitsvertrages - in den Polizeidienst des Landes Sachsen-Anhalt übernommen. Am (...) 1991 erfolgte seine Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Ernennung zum Regierungsobersekretär, am (...) 1994 die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Am (...) 1994 wurde der Beklagte zum Regierungshauptsekretär, am (...) 2006 schließlich zum Regierungsamtsinspektor (BesGrp. A 9) befördert.

Der Beklagte ist zweifach geschieden; aus seiner ersten Ehe stammt eine inzwischen volljährige Tochter, die wirtschaftlich selbständig ist. Der Beklagte lebt mit einer Lebensgefährtin, welche als Beamtin im Justizvollzugsdienst tätig ist, in einer Mietwohnung; beide haben einen nunmehr acht Jahre alten gemeinsamen Sohn.

Aufgrund der Vorfälle, die Anlass zu dem vorliegenden Disziplinarverfahren gegeben haben, ist der Beklagte seit dem (...) 2006 vorläufig des Dienstes enthoben. Seine Dienstbezüge wurden mit Verfügung vom (...) 2006 zunächst um 10%, sodann mit weiterer Verfügung vom (...) 2007 schließlich um 16,75% gekürzt. Der Beklagte erhält danach unter Berücksichtigung einer Pfändung in Höhe von 292,05 Euro derzeit ca. 1.700,00 Euro monatlich ausgezahlt.

In dem hier maßgeblichen Zeitraum wurde der Beklagte als Leiter Revierverwaltungsdienst beim Zentralen Einsatzdienst der Polizeidirektion A-Stadt verwendet. Zu seinen dortigen Aufgaben gehörte es u.a., die von den Polizeibeamten vereinnahmten Verwarngelder einzunehmen, diese zu quittieren und sodann bei der Landeshauptkasse auf ein Konto des Landes Sachsen-Anhalt einzuzahlen. Zudem oblag ihm die Betankung der Dienstkraftfahrzeuge, wenn die jeweiligen Polizeibediensteten nicht selbst getankt hatten oder der dem Beklagten nachgeordnete Sachbearbeiter Technik nicht anwesend war. Der Beklagte hatte daher Zugriff auf die zur ausschließlich dienstlichen Verwendung vorgesehenen Tankkarten, mit denen bei den Tankstellen der Marke E. getankt werden konnte.

Die letzte Dienstliche Beurteilung über den Beklagten vom (...) 2005 lautet auf die Noten D/C. Abgesehen von dem Gegenstand dieses Disziplinarverfahrens war der Beklagte zuvor weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich vorbelastet.

Im Mai 2006 führte die Klägerin Ermittlungen, nachdem im Wege einer Durchsicht von Fahrtenbüchern festgestellt worden war, dass etwa 900 Liter bei E.-Tankstellen getanktes Superbenzin nicht den Dienstfahrzeugen zugeordnet werden konnte und der Verdacht bestand, dass die Tankkarten zur Betankung von Privatfahrzeugen benutzt wurden. Am Abend des (...). Mai 2006 teilte der Beklagte, der Kenntnis von den Ermittlungen hatte, telefonisch mit, dass er "den Sprit unterschlagen" habe. Mit Verfügung vom (...). Juni 2006 leitete der Präsident der damaligen Polizeidirektion A-Stadt Vorermittlungen gegen den Beklagten gemäß § 26 der seinerzeit noch anwendbaren DO LSA ein. Grundlage hierfür war der Verdacht, dass der Beklagte in der Zeit von Januar bis April 2006 unter Verwendung dienstlicher Tankkarten verbotswidrig seinen privaten PKW betankt habe. Zudem wurde dem Beklagten vorgeworfen, im Zeitraum von Dezember 2005 bis Mai 2006 private Telefongespräche als dienstliche Gespräche abgerechnet zu haben. Das Vorermittlungsverfahren wurde zugleich im Hinblick auf die laufenden strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt. Mit weiterer Verfügung vom 1. August 2006 wurde das Disziplinarverfahren gemäß § 19 Abs. 1 des nunmehr anwendbaren DG LSA auf den Vorwurf ausgedehnt, der Beklagte habe Verwarnungsgelder, für deren Abrechnung er verantwortlich war, nicht bei der Landeszentralkasse eingezahlt, sondern das Geld für private Zwecke verwendet.

Die gegen den Beklagten in disziplinarrechtlicher Hinsicht erhobenen Vorwürfe waren Gegenstand mehrerer strafgerichtlicher Verfahren. Der Beklagte wurde schließlich durch Urteil des Landgerichts Halle vom 2. März 2009 (8 Ns 1/09) - unter Änderung früherer Urteile desselben Gerichts hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs - wegen veruntreuender Unterschlagung in acht Fällen sowie wegen Untreue in 21 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 220 Tagessätzen zu je 40,00 Euro verurteilt. Dieses Urteil ist nach Verwerfung der dagegen gerichteten Revision durch Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 17. Juli 2009 (2 Ss 102/09) seit dem 17. Juli 2009 rechtskräftig. Die dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Halle vom 2. März 2009 zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen lauten wie folgt:

a)

Dem Angeklagten oblag es als Verwaltungsbeamtem in der Polizei, folgende Aufgaben zu erfüllen: Der Angeklagte hatte die Verwarngelder, die Polizeibeamte beispielsweise im Streifendienst einnahm...

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