Leitsatz

Leistung der Testamentsvollstreckung ist weder eine hauptsächlich und gewöhnlich von einem Rechtsanwalt erbrachte Leistung noch dieser ähnlich[1].

 

Problematik

Nach der BFH-Rechtsprechung[2] ist auf die Leistungen des Testamentsvollstreckers § 3a Abs. 1 UStG anwendbar. Dagegen fallen die für den Anwalts- und Steuerberaterberuf spezifischen Leistungen unter § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG. Initiiert durch einen Rechtsanwalt leitete die EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland eine Kommissionsklage ein, weil sie die deutsche Praxis, welche die Leistungen des Testamentsvollstreckers an dessen Sitz erfasse, auch wenn er Anwalt sei, mit Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich der 6. EG-Richtlinie für unvereinbar hielt. Nach dieser Bestimmung ist für Anwalts- und Beraterleistungen auf den Ort des Empfängers abzustellen, wenn er außerhalb der Gemeinschaft oder außerhalb des Staates des Leistenden ansässig ist.

Der EuGH wies die Kommissionsklage ab. Zur Ortsbestimmung sonstiger Leistungen ist davon auszugehen, dass vorweg Art. 9 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie vor dessen Abs. 1 zu prüfen ist. Ferner bezieht sich Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich nicht auf Berufe (wie Rechtsanwalt, Berater usw.), sondern auf Leistungen. Eine Leistung ist einer der Tätigkeiten der aufgeführten Berufe ähnlich, wenn sie dem gleichen Zweck dient.

Zu den hauptsächlich und gewöhnlich im Rahmen des Anwaltsberufs erbrachten Leistungen gehört die Vertretung und Verteidigung der Interessen eines Mandanten. Auftrag des Testamentsvollstreckers ist es, den Willen des Erblassers umzusetzen, was Verwaltungstätigkeiten, Rechtshandlungen und einen großen Fächer tatsächlicher oder rechtlicher Vorgänge umfassen kann. Die Leistung der Testamentsvollstreckung entspricht überwiegend einer wirtschaftlichen Tätigkeit, da es für den Testamentsvollstrecker in den meisten Fällen um die Bewertung und Verteilung des Vermögens des Erblassers zugunsten der Empfänger geht. Die Leistungen eines Testamentsvollstreckers und diejenigen eines Rechtsanwalts können nicht als ähnlich angesehen werden.

 

Konsequenzen für die Praxis

Aufgrund dieses EuGH-Urteils bleibt es bei der deutschen Praxis: Leistung der Testamentsvollstreckung im beschriebenen Sinn sind keine Leistungen, die unter § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG mit dem Leistungsort des Empfängers gem. § 3a Abs. 3 UStG fallen (Grundlage: Art 9 Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich der 6. EG-Richtlinie, jetzt Art. 56 Buchst c MWStSystRL). Leistungsort ist nach der Auffangvorschrift des § 3a Abs. 1 UStG der Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (vgl. Art. 43 MWStSystRL). Der im Inland sitzende Testamentsvollstrecker hat also – sofern er als Unternehmer[3] tätig wird – deutsche Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil v. 6.12.2007, C-401/06, – Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Bundesrepublik Deutschland

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