Leitsatz

Das AG hatte in einer Umgangssache durch Beschluss vom 15.7.2011 nach § 89 FamFG gegen die Kindesmutter und Antragstellerin ein Ordnungsgeld i.H.v. 500,00 EUR festgesetzt. Der Beschluss enthielt eine Rechtsmittelbelehrung, die im maßgeblichen Teil wie folgt lautete: "Gegen diese Entscheidung findet gemäß §§ 58 bis 69 FamFG die Beschwerde statt. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats bei dem AG einzulegen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe der Entscheidung."

Der Beschluss wurde der Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter am 19.7.2011 zugestellt. Mit am 9.8.2011 eingegangenem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten hat die Kindesmutter Beschwerde eingelegt. Nach dem Hinweis des OLG auf die Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde hat die Kindesmutter mit am 30.8.2011 beim AG eingegangenen Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Das OLG hat die Beschwerde der Kindesmutter als sofortige Beschwerde gemäß § 87 Abs. 4 FamFG qualifiziert und als nicht fristgerecht angesehen und damit unzulässig verworfen.

Ferner hat es den Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zurückgewiesen.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, die sofortige Beschwerde sei unzulässig, da sie nicht fristgerecht eingelegt worden sei. Gemäß § 87 Abs. 4 FamFG i.V.m. § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO betrage die Beschwerdefrist zwei Wochen und beginne mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses mit dem Zeitpunkt der Zustellung an die Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter am 19.7.2011. Die am 9.8.2011 beim AG eingereichte Beschwerde sei damit erst nach Fristablauf eingegangen. Die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung des AG führe zu keiner Verlängerung dieser Frist. Eine unterlassene oder fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung habe zudem keine Auswirkungen auf den Bestand des Beschlusses, sondern führe bei Fristversäumung lediglich zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist war nach Auffassung des OLG zurückzuweisen. Zwar sei die Rechtsbehelfsbelehrung des AG vorliegend fehlerhaft, dies führe jedoch nicht zur Gewährung einer Wiedereinsetzung. Für die Wiedereinsetzung sei unverschuldetes Versagen erforderlich, § 17 Abs. 1 FamFG. Bei unterlassener oder fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung werde dies gemäß § 17 Abs. 2 FamFG zwar vermutet. Ein anwaltlich nicht vertretener Beteiligter hätte sich hierauf berufen können.

Die gesetzliche Vermutung sei allerdings widerlegbar, wie aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 2 FamFG folge. Sachkundige, die das Rechtsmittel kennen bzw. kennen müssten, würden durch § 17 Abs. 2 FamFG nicht geschützt. Habe ein Beteiligter tatsächlich Kenntnis von seinen Rechtsmitteln und habe es daher keiner Rechtsmittelbelehrung bedurft, sei eine Wiedereinsetzung ausgeschlossen.

Eine derartige Kenntnis sei bei anwaltlich vertretenen Parteien regelmäßig anzunehmen. Vom Verfahrensbevollmächtigten sei zu verlangen, dass er unabhängig von einer Rechtsmittelbelehrung durch das Gericht jedenfalls den Gesetzestext für fristgebundene Rechtsmittel auf seinem Fachgebiet kenne. Auf die Rechtsmittelbelehrung des Gerichts dürfe er sich nicht verlassen.

 

Hinweis

Die Entscheidung des OLG Brandenburg folgt der Rechtsprechung des BGH und der anderen OLG und der überwiegenden Auffassung in der Literatur. Für den Praktiker bedeutet dies, dass er sich bei fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung nicht hierauf berufen darf. Es stellt sich hier also eine deutliche Haftungsfalle, so dass auch bei erfolgter Rechtsmittelbelehrung größte Vorsicht geboten ist, zumal fehlerhafte Rechtsmittelbelehrungen in der Praxis nicht selten vorkommen.

 

Link zur Entscheidung

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 07.09.2011, 9 WF 239/11

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