Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit eines Prozessvergleichs. Prozessvergleich über nachehelichen Unterhalt: Widerruflichkeitsvereinbarung bei Nichtkreditierung des Zahlungsbetrages

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vereinbarung in einem gerichtlichen Vergleich, wonach der Vergleich widerrufen werden kann, wenn die Partei nachweist, dass ihr der Vergleichsbetrag nicht kreditiert wird, ist zulässig. Mit dieser Vereinbarung wird nicht der Widerruf als solcher unter eine Bedingung gestellt worden, vielmehr werden die Voraussetzungen festgelegt, unter welchen ein wirksamer Widerruf (bedingungslos) erklärt werden darf (gegen OLG Oldenburg OLGReport Oldenburg 2008, 435 ff.; wie hier: BGH NJW 1972, 159 ff., zulässige Vereinbarung einer außerprozessualen auflösenden Bedingung für den Prozessvergleich als solchen).

 

Normenkette

ZPO § 278; BGB § 779

 

Verfahrensgang

AG Landstuhl (Urteil vom 22.09.2009; Aktenzeichen 1 F 261/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Antragstellers und die Anschlussberufung der Antragsgegnerin wird Ziff. 2. des Verbundurteils des AG - Familiengericht - Landau in der Pfalz vom 22.9.2009 geändert:

Es wird festgestellt, dass der Rechtstreit durch den im Sühne- und Erörterungstermin des Senats vom 8.10.2009 geschlossenen Vergleich erledigt ist.

II. Der Antragsteller trägt die weiteren Kosten des Rechtstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten (jetzt noch) um die Beendigung ihres Rechtstreits über den nachehelichen Unterhalt durch den Abschluss eines Prozessvergleiches.

Die am 25.10.1986 geschlossene Ehe der Parteien wurde durch Verbundurteil des AG Landau in der Pfalz vom 2.2.2009, im Scheidungsausspruch rechtskräftig seit 16.6.2009, geschieden. In der Folgesache betreffend den nachehelichen Unterhalt hat die Antragsgegnerin in erster Instanz Zahlung eines monatlichen Betrages i.H.v. 1.922,15 EUR einschließlich Altersvorsorgeunterhalt begehrt. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des genannten Verbundurteils verwiesen.

Das Familiengericht hat ihr in Ziff. 2. des genannten Verbundurteils monatlich 509 EUR, davon 102 EUR als Altersvorsorgeunterhalt, befristet bis einschließlich 31.12.2012 zuerkannt. Auf die Gründe des Urteils vom 2.2.2009 wird Bezug genommen.

4Die Parteien haben gegen dieses Urteil Berufung und Anschlussberufung eingelegt. Der Antragsteller verfolgt seinen erstinstanzlichen Antrag auf Abweisung des Unterhaltsbegehrens weiter. Er hält den Anspruch für verwirkt und greift ihn auch der Höhe nach an. Die Antragsgegnerin macht mit ihrer Anschlussberufung monatliche Beträge von 770 EUR bis September 2009 und 1.000 EUR ab Oktober 2009 geltend und ist der Ansicht, der Unterhaltsanspruch sei nicht zu befristen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Der Senat hat die Sache der Berichterstatterin gem. § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO zur Vornahme eines Sühne- und Erörterungstermins übertragen. In diesem Termin am 8.10.2009 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, mit dem der Antragsteller sich verpflichtet hat, zur Abgeltung des Anspruchs der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt für die Zeit bis Dezember 2012 einen Betrag von insgesamt 20.200 EUR einschließlich Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen. Außerdem sind die Parteien sich darüber einig, dass für die Zeit ab 1.1.2013 ein nachehelicher Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin nicht mehr besteht. Dem Antragsteller blieb vorbehalten den Vergleich zu widerrufen, sofern er den Nachweis erbringt, dass ihm der geschuldete Betrag nicht kreditiert wird.

Mit Schriftsatz vom 20.10.2009, bei Gericht eingegangen am 21.10.2009, hat der Antragsteller den Vergleich fristgemäß widerrufen. Er trägt vor, er habe von seiner Bank zwar am 20.10.2009 und nochmals am 17.11.2009 insgesamt drei Finanzierungsangebote erhalten, jedoch zu unzumutbaren Bedingungen.

Die Antragsgegnerin beantragt nunmehr die Feststellung, dass der Rechtstreit durch den Vergleich vom 8.10.2009 beendet sei.

Der Antragsteller beantragt, den Rechtstreit fortzusetzen und entsprechend seinem ursprünglichen Antrag den Unterhaltsanspruch abzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Anlagen.

II. Das zulässige Rechtsmittel des Antragstellers führt ohne inhaltliche Überprüfung des angefochtenen Urteils zu der Feststellung, dass der Rechtstreit durch den Prozessvergleich vom 8.10.2009 beendet ist. Der Prozessvergleich ist wirksam.

Der Prozessvergleich hat nach herrschender Auffassung eine Doppelnatur. Er ist einerseits Rechtsgeschäft des bürgerlichen Rechts gem. § 779 BGB und andererseits Prozesshandlung (OLG Oldenburg OLGReport Oldenburg 2008, 435 ff. m. w. H.). Macht eine Partei die fehlende Rechtsbeständigkeit des Vergleichs geltend, so ist dieser Streit im bisherige...

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