Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Gerichtsstandsvereinbarung durch Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Insolvenzverwalter ist kein Kaufmann und deshalb nicht befugt, eine Gerichtsstandsvereinbarung nach § 38 Abs. 1 ZPO zu treffen.

 

Normenkette

BGB §§ 13-14; HGB §§ 1-3; InsO §§ 56, 80; ZPO § 38

 

Verfahrensgang

LG Kaiserslautern (Aktenzeichen 4 O 400/16)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 17. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das angefochtene Urteil des Landgerichts sowie dieses Urteil sind jeweils vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Malerbetriebe K. und Sohn GmbH mit Sitz in ..... Mit Beschluss vom 25. Oktober 2011 wurde vom Amtsgericht Kaiserslautern unter Az. .... das Insolvenzverfahren angeordnet und der Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Mit weiterem Beschluss vom 2. November 2011 wurde die Verfügungsbefugnis auf den Kläger übertragen und schließlich mit Beschluss vom 31. Dezember 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Die Beklagte hatte als Unternehmerin des Bauvorhabens R......an Subunternehmer vergeben, u.a. an die Insolvenzschuldnerin. In diesem Zusammenhang hatte die Insolvenzschuldnerin für die Herstellung eines Wärmedämmverbundsystems (WDVS) am genannten Bauvorhaben ein Angebot vom 3. August 2011 unterbreitet. Auf Grundlage dieses Angebotes war unter dem Datum vom 18. August 2011 / 16. September 2011 ein Werkvertrag betreffend die Lieferung und Montage eines Wärmedämmverbundsystems zum vorläufigen Gesamtpreis in Höhe von 893.022,88 EUR netto zustande gekommen (Bl. 32 ff. d.A.).

Nach Anordnung des Insolvenzverfahrens teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er aufgrund der Liquiditäts- und Personalsituation der Insolvenzschuldnerin keine Möglichkeit sehe, den Vertrag ordnungsgemäß und insbesondere fristgerecht zu erfüllen. Auf Wunsch der Beklagten erklärte sich der Kläger bereit, die Arbeiten unter abgeänderten und der Insolvenzsituation angepassten Bedingungen weiterzuführen. Die Parteien schlossen daraufhin einen Änderungsvertrag vom 23./28. November 2011, unter dessen Ziff. 6 als Gerichtsstand für etwaige Streitigkeiten Kaiserslautern vereinbart wurde (Bl. 54 d.A.). Nach Insolvenzeröffnung wählte der Kläger mit Schreiben vom 27. Januar 2012 gem. § 103 ff. InsO Erfüllung des Werkvertrages in Gestalt der Änderungsvereinbarung vom 23./28. November 2011.

In der Folgezeit kam es zwischen den Parteien zunächst zu Differenzen und danach zur Kündigung des Vertrages durch die Beklagte. Der Kläger widersprach der außerordentlichen Kündigung und legte am 23. Dezember 2015 Schlussrechnung, die mit einer Restzahlungsforderung in Höhe von 429.621,82 EUR endete.

Der Kläger hat hierüber nach vorangegangenem Mahnverfahren Werklohnklage zum Landgericht Kaiserslautern erhoben.

Er hat die Auffassung vertreten, die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Kaiserslautern ergebe sich aus der Gerichtsstandvereinbarung in Ziffer 6. des Änderungsvertrages vom 23./28. November 2011. Ihm sei Kaufmannseigenschaft zuzuerkennen. Er führe ein vollkaufmännisches Unternehmen fort und betreibe somit in gleicher Weise ein Handelsgewerbe, wie die Insolvenzschuldnerin. Die von ihm abgeschlossenen Geschäfte seien Handelsgeschäfte. Die teleologische Auslegung des § 38 ZPO gebiete es, den Insolvenzverwalter einem Kaufmann gleichzusetzen. Insolvenzverwalter seien in der Lage, die Bedeutung einer Prorogation zu überblicken. Es sei nicht notwendig, sie dem Schutz des § 38 ZPO zu unterstellen. Dem Schutzzweck des § 38 ZPO entspreche es heute, die Trennlinie nicht mehr zwischen Kaufleuten und Nichtkaufleuten, sondern zwischen Unternehmern und Verbrauchern zu ziehen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 429.621,62 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 7. Januar 2016 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt und die Auffassung vertreten, die Gerichtsstandvereinbarung sei unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 38 ZPO nicht erfüllt seien. Der Insolvenzverwalter sei kein Kaufmann.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 17. Mai 2017, auf das wegen der Einzelheiten der Gründe Bezug genommen wird, die Klage wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen.

Die Gerichtsstandsvereinbarung in Ziffer 6. des Vertrages vom 23./28. November 2011 sei unwirksam, weil der Kläger nicht prorogationsbefugt sei. Grundsätzlich bestehe ein Prorogationsverbot. Der Kläger sei als Insolvenzverwalter kein (Voll-)Kaufmann und somit nicht prorogationsbefugt im Sinne des § 38 Abs. 1 ZPO. Eine entsprechende Anwendung des § 38 Abs. 1 ZPO auf den Insolvenzverwalter erscheine nicht möglich. Da die Beschränkung ...

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