Leitsatz (amtlich)

1. Eine Gerichtsstandsvereinbarung gemäß § 38 Abs. 1 ZPO kann wirksam in einem Vertrag getroffen werden, der ein Handelsgewerbe erst begründet, für das ein in kaufmännischer Art und nach kaufmännischem Umfang eingerichteter Gewerbebetrieb erforderlich ist. Es ist nicht erforderlich, dass die Partei beim Abschluss des Gründungsvertrages und damit der Gerichtsstandsvereinbarung bereits Kaufmann gewesen ist (Anschluss: OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. Januar 1998 - 16 U 182/96, juris Rn. 58-60 und Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 12. November 2009 - 16 U 30/09, juris Rn. 17-35).

2. Eine Mediationsklausel steht der unmittelbaren gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen grundsätzlich entgegen, sofern die andere Partei die Mediationsklausel vor Einlassung zur Sache im Prozess als Einrede erhebt (Anschluss Bundesgerichtshof, 29. Oktober 2008 - XII ZR 165/06, juris Rn. 19 und Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Teilurteil vom 29. April 2015 - 2 U 31/14 juris).

3. Zur Wirksamkeit einer Mediationsklausel und dem Einwand der Treuwidrigkeit (§ 242 BGB) im Rahmen eines Franchising-Vertrages (Anschluss Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. November 1998 - VIII ZR 344/97, juris Rn. 10, 11).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 31.05.2021; Aktenzeichen 10 O 107/19)

 

Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Senats vom 11.01.2023 bleibt mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass auf die Berufung der Klägerin das am 31.05.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 10 O 107/19 - aufgehoben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Landgericht Berlin zurückverwiesen wird.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Feststellung, ob sich die ursprünglich von der Klägerin gegen die Beklagte erhobene Unterlassungsklage im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Waxing-Studios am Standort ... in ... durch die außerordentliche Kündigung des Partnervertrages durch die Klägerin vom 12.06.2020 - am 15.06.2020 der Beklagten zugegangen - erledigt hat. Die Parteien haben am 08.04.2016 einen als Partnervertrag bezeichneten Franchisevertrag über den Betrieb eines Waxing-Studios geschlossen, der in § 15 und § 22 wie folgt lautet:

((Abbildungen))

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Partnervertrages vom 08.04.2016 wird auf Anlage K3 Bezug genommen.

Das Landgericht Berlin hat sich mit Beschluss vom 31.05.2021 (Bd. III Bl. 182 d. A.) bezüglich des Antrags auf Zahlung von Schadensersatz für entgangene Franchise- und Werbegebühren (ursprünglicher Klageantrag zu Ziffer 2) für örtlich unzuständig erklärt und hat den Rechtsstreit insoweit an das Landgericht Tübingen verwiesen.

Die Klage auf Feststellung, dass sich der Rechtsstreit bezüglich des (ursprünglichen) Klageantrages zu Ziffer 1. in der Hauptsache erledigt hat, hat das Landgericht Berlin mit dem angefochtenen Urteil vom 31.05.2021 mangels örtlicher Zuständigkeit wegen Unwirksamkeit der in § 22 Abs. 3 des Partnervertrages vorgesehenen Gerichtsstandsvereinbarung als unbegründet abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren Feststellungsantrag bezogen auf die ursprüngliche Unterlassungsklage weiterverfolgt.

In der mündlichen Verhandlung vom 11.01.2023 hat der Senat auf den Antrag der Klägerin folgendes Versäumnisurteil erlassen:

1. Auf die Berufung der Berufungsklägerin wird das am 31.05.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 10 O 107/19 - abgeändert und festgestellt, dass sich der Rechtsstreit bezüglich des ursprünglichen Klageantrages zu Ziffer 1 erledigt hat.

2. Die Berufungsbeklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Kosten erster Instanz (aus einem Streitwert von 100.000 EUR) zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gegen das ihr am 17.01.2023 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte mit dem am 26.01.2023 beim Kammergericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Einspruch eingelegt.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

das Versäumnisurteil des Kammergerichts vom 11.01.2023, Az. 26 U 78/21 aufrechtzuerhalten.

hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht den Antrag nach Ziffer 1 aus dem Schriftsatz vom 03.08.2021 nicht stattgegeben wird, den Rechtsstreit unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das zuständige Gericht (zurück)zuverweisen.

Die Beklagte beantragt zuletzt,

das Versäumnisurteil des Kammergerichts vom 11.01.2023 aufzuheben und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 11.01.2023 und 12.04.2023 Bezug genommen.

Von der weiteren Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1, 542 Abs. 1, 543, 544 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO abgesehen, nachdem der Senat die Revision nicht zugelassen hat un...

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