Leitsatz (amtlich)

Die Behauptung eines Lohnsteuerhilfevereins in Stellenanzeigen, er sei „einer der beiden führenden Lohnsteuerhilfevereine in Deutschland” bzw. „der neue Marktführer”, verstößt gegen das Sachlichkeitsgebot (§§ 8, 57a StBerG) und ist darüber hinaus eine unzulässige Alleinstellungsbehauptung.

 

Normenkette

UWG §§ 1, 3; StBerG §§ 8, 57a

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 2 HK O 240/00)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Frankenthal (Pfalz), geführt beim AG Ludwigshafen am Rhein, vom 19.4.2001 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 55.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Parteien sind anerkannte Lohnsteuerhilfevereine und überregional tätige Wettbewerber. Beide unterhalten u.a. Beratungsstellen in der Region Sch.

Der Beklagte, der seit über 25 Jahren als Lohnsteuerhilfeverein zugelassen ist, betreut in rund 2.000 Beratungsstellen im gesamten Bundesgebiet über 320.000 Mitglieder. Im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland existiert ein weiterer Verein mit einer vergleichbaren Größenordnung, die L.B. e.V., die in über ca. 180 Beratungsstellen ebenfalls mehr als 300.000 Mitglieder betreut. Der Beklagte macht einen jährlichen Umsatz von über 51 Mio. DM. Der Kläger ist nur etwa halb so groß wie der Beklagte.

Der Beklagte schaltete am 13.9.1999 in der Zeitschrift „N.” eine Stellenanzeige, in der er sich als „der führende Lohnsteuerhilfeverein der Bundesrepublik mit über 2.000 örtlichen Beratungsstellen” bezeichnete. Auf Antrag des Klägers untersagte das LG Frankenthal (Pfalz) dem Beklagten im einstweiligen Verfügungsverfahren (2 HK. O 160/99) die Anzeige. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat der Senat mit Urteil vom 10.2.2000 zurückgewiesen (OLG Zweibrücken v. 10.2.2000 – 4 U 256/99).

Am 28.10.2000 schaltete der Beklagte in der Sch. Volkszeitung eine Stellenanzeige, mit der er „Beratungsstellenleiter/-innen” suchte. In ihrem Eingangssatz führte er aus:

„Wir sind einer der beiden führenden Lohnsteuerhilfevereine in Deutschland und mit 2.000 örtlichen Beratungsstellen bundesweit tätig.”

Nachdem der Beklagte eine vom Kläger gewünschte Unterlassungserklärung abgelehnt hatte, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Im Laufe des Rechtsstreits gab der Beklagte in der Zeitschrift „N.” am 22.1.2001 und 5.2.2001 erneut Stellenanzeigen zur Einstellung von „Beratungsstellenleiter/-innen” auf, in denen er sich wie folgt beschrieb:

„Wir sind nun mit dem größten Beratungsnetz und über 330.000 beitragszahlenden Mitgliedern der neue Marktführer. Dies verdanken wir unseren tüchtigen örtlichen Beratungsstellenleitern/-innen.”

Nachdem der Beklagte gegenüber dem Kläger auch insoweit die Abgabe einer Unterlassungserklärung abgelehnt hatte, hat der Kläger seine Klage wegen des Wortlautes dieses Inserates erweitert.

Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte betreibe irreführende Alleinstellungswerbung, die auch unsachlich i.S.v. §§ 57a, 8 Abs. 1 StBerG sei. Er berufe sich auf eine Spitzenstellung, für die es nicht nur auf die Größe seines Unternehmens ankomme, sondern auch auf ein im Verhältnis zu seinen Mitbewerbern deutliches Überragen an Leistungsfähigkeit, Auswahl, Güte, Umsatz, Personal und guten Ruf. Die Bezeichnung „führender Lohnsteuerhilfeverein” bzw. „neuer Marktführer” gehe über eine bloße Unternehmensbeschreibung hinaus und stelle eine Wertung seiner Qualität dar. Soweit sich der Beklagte in dem Inserat in der Sch. Volkszeitung vom 28.10.2000 als einer der beiden führenden Lohnsteuerhilfevereine bezeichnet habe, werde eine Irreführung nicht dadurch ausgeschlossen, dass der L.B. e.V. eine vergleichbare Größe habe. Der Verein sei in der Anzeige nicht benannt, so dass die angesprochenen Verkehrskreise die Alleinstellungsbehauptung nur mit dem Beklagten verbänden. Im Übrigen werde auch irregeführt, wenn sich mehrere Mitbewerber zu Unrecht als „führend” bezeichnen würden. Erst recht erwecke die Bezeichnung „der neue Marktführer” die Vorstellung eines deutlichen Überragens in den genannten Qualitätsmerkmalen.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, diese zu vollziehen an seinem Vorstand, zu verurteilen, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, Stellenanzeigen zu schalten,

a) in denen er sich als einen der beiden führenden Lohnsteuerhilfevereine in Deutschland bzw. der Bundesrepublik bezeichnet, wie dies in der Anzeige in der Sch. Volkszeitung vom 28.10.2000 geschehen ist;

b) in denen er sich als der neue Marktführer bezeichnet, wie dies in den Anzeigen aus der „N.” vom 22...

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