Leitsatz (amtlich)

Wechselt ein Fahrzeugführer mit dem von ihm geführten PKW impulsiv auf die Überholspur der BAB, um eine Kollision mit einem unvermittelt auf die Autobahn auffahrenden PKW zu vermeiden, und kommt es auf der Überholspur der BAB zu einem Auffahrunfall zwischen dem die Fahrspur wechselnden Verkehrsteilnehmer und einem auf der linken Fahrspur (deutlich schneller) fahrenden Fahrzeug, dessen Fahrer nicht mehr rechtzeitig abzubremsen vermag, haftet der auf die BAB Auffahrende maßgeblich für den entstandenen Schaden. Das gilt auch dann, wenn es zu keiner Berührung mit dem auf die BAB auffahrenden Fahrzeug kam. Zu Lasten des Auffahrenden besteht der Anschein, den bevorrechtigten Verkehr nicht hinreichend beachtet zu haben und sorgfaltswidrig auf die BAB aufgefahren zu sein. Aufgrund der Atypizität des Geschehens besteht weder zulasten des die Fahrspur auf der BAB Wechselnden noch zulasten des Auffahrenden der Anschein, sorgfaltswidrig gefahren zu sein. Bei der Abwägung der Haftungsanteile ist in einem ersten Schritt die Quote in jedem der Rechtsverhältnisse getrennt zu ermitteln. In einem zweiten Schritt ist sodann im Rahmen einer Gesamtschau die Gesamtquote zu ermitteln. Der Innenausgleich zwischen mehreren Schädigern ist davon getrennt durchzuführen.

 

Normenkette

BGB § 840; StVG § 7 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 10.04.2019; Aktenzeichen 3 O 305/17)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten zu 1. und 2. wird das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 10.04.2019 geändert und wie folgt neu gefasst:

1.1. Die Beklagten zu 1. bis 3. werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 5.455,34 EUR zu zahlen, der Beklagte zu 3. darüber hinaus weitere 830,96 EUR, die Beklagten zu 1. und 2. nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.455,34 EUR seit dem 25.08.2017 und der Beklagte zu 3. nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6.286,30 EUR seit dem 03.11.2017.

1.2. Die Beklagten zu 1. bis 3. werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die,

6.003,81 EUR zu zahlen, der Beklagte zu 3. darüber hinaus weitere 10.628,19 EUR, die Beklagten zu 1. und 2. nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6.003,81 EUR seit dem 25.08.2017 und der Beklagte zu 3. nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 16.632,00 EUR seit dem 03.11.2017.

1.3. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2. Die weitergehenden Rechtsmittel (Berufung und Anschlussberufung) werden zurückgewiesen.

3. Von den Gerichtskosten beider Instanzen und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 1. bis 3. als Gesamtschuldner 42%, der Beklagte zu 3. darüber hinaus weitere 42% und die Klägerin 16%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. und 2. trägt die Klägerin zu 58%. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3. trägt die Klägerin zu 16%. Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den jeweiligen Gegner durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils für den Gegner vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Gegner zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ansprüche der Klägerin aus einem Verkehrsunfall, der sich am ...gegen ... Uhr auf der .... ereignet hat. Der Geschäftsführer der Klägerin fuhr mit dem von dieser geleasten Mercedes Benz C-Klasse, amtliches Kennzeichen ..., auf der ... aus ... kommend in Fahrtrichtung ...; der Beklagte zu 1. befuhr mit dem von der Beklagten zu 2. gehaltenen Fahrzeug Mercedes Sprinter, amtliches Kennzeichen ..., die ... in gleicher Fahrtrichtung. Am ... fuhr der Beklagte zu 3. mit einem Citroen Jumpy von der ... aus Richtung ... kommend auf die ... in Richtung ... auf. In Höhe der auslaufenden Einfädelspur kollidierte der Mercedes Sprinter der Beklagten zu 2. im rechten Frontbereich mit dem linken Heckteil des vom Geschäftsführer der Klägerin gefahrenen Mercedes Benz. Der Unfallhergang im Einzelnen sowie ein etwaiger Ursachenzusammenhang des Auffahrvorganges des Beklagten zu 3. sind zwischen den Parteien streitig.

Die Reparaturkosten an dem von der Klägerin geleasten Mercedes Benz beliefen sich auf 16.932,00 EUR. Das eingeholte Privatschadensgutachten des Ingenieurbüros ... vom 13.06.2017 ermittelte eine Wertminderung von 3.000,00 EUR und die Gutachterkosten beliefen sich auf 1.324,37 EUR netto. Die Klägerin macht ferner Mietwagenkosten geltend gemäß ... vom 17.06.2017 (Bl. 113/114 d.A.) in Höhe von 1.636,93 EUR sowie der korrigierten Rechnung der ... vom 15.11.2017 (Bl. 85 d.A.) in Höhe weiterer 4.389,00 EUR und eine Auslagenpauschale von 25 EUR.

Die Klägerin hat behauptet,

ausweislich der Leasingbedingungen sei sie berechti...

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