Leitsatz (amtlich)

Zwar dient der Beschleunigungsstreifen einer Autobahn dem zügigen Einfädeln des einfahrenden Verkehrs, der Einfahrende darf aber, unter Beachtung größtmöglicher Sorgfalt, nur auffahren, wenn der durchgehende Verkehr seine Geschwindigkeit nicht wesentlich verlangsamen muss oder gefahrlos auf den Überholstreifen ausweichen kann.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 18.01.2006; Aktenzeichen 5 O 1241/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.1.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Magdeburg abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000 EUR nicht.

und beschlossen:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 16.801,79 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Klägerin nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner aufgrund des Verkehrsunfalls, der sich am 23.9.2003 gegen 12.21 Uhr auf der BAB A 2 in Höhe der Anschlussstelle M. in Fahrtrichtung H. ereignete, auf Ersatz ihres restlichen, in Höhe einer Haftungsquote von 30 % von der Beklagten zu 1) bislang nicht regulierten Sachschadens in Anspruch.

Die Klägerin ist Halterin des verunfallten Lkw-Zuges vom Fahrzeugtyp Mercedes - Benz, der zur Unfallzeit mit Zuckerrüben bis zu dem zulässigen Höchstgewicht von 40 t beladen war. Die Beklagte zu 2), deren persönlich haftender Komplementär der Beklagte zu 3) ist, ist Halterin des unfallbeteiligten Lastzuges vom Fahrzeugtyp Mercedes Benz, der bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversichert ist und von dem Beklagten zu 4) am Unfalltag gesteuert wurde.

Am 23.9.2003 befuhr der Zeuge K. als Fahrer des Sattelzuges der Klägerin den rechten Fahrstreifen der in Höhe der Anschlussstelle M. dreispurig verlaufenden BAB 2 in Fahrtrichtung H..

Als sich der Sattelzug der Klägerin der Anschlussstelle M. näherte, war der Beklagte zu 4) im Begriff, mit dem Lastkraftwagen der Beklagten zu 2) an der Anschlussstelle M. auf die BAB aufzufahren. Zu diesem Zweck beschleunigte er sein Gefährt und setzte den linken Fahrtrichtungsanzeiger. Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Einfahren des Lastzuges der Beklagten zu 2) vom Beschleunigungsstreifen in den rechten Richtungsfahrstreifen der BAB 2 vollzog der Fahrer des klägerischen Lkw eine Bremsung und Ausweichlenkbewegung auf die linke Fahrbahn. Bei diesem Ausweichmanöver geriet der Sattelzug der Klägerin in einen instabilen Fahrzustand und kippte um. Der Lkw der Klägerin fand seine Endlage hinter der Autobahnauffahrt im Bereich der linken Fahrstreifen quer zur Fahrbahn. An dem Sattelzug der Klägerin entstand unfallbedingt ein erheblicher Sachschaden, der sich auf insgesamt 56.005,95 EUR netto belief.

Die Beklagte zu 2) regulierte den Schaden unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 70 % und zahlte an die Klägerin einen Betrag i.H.v. insgesamt 39.204,19 EUR aus. Eine weitergehende Schadensregulierung lehnte die Beklagte zu 2) dagegen mit Schreiben vom 20.4.2004 ab.

Gegen den Beklagten zu 4) erging wegen des Verkehrsunfalls ein Bußgeldbescheid, der auf die Verletzung des Vorfahrtsrecht des § 18 Abs. 3 StVO gestützt war und den der Beklagte zu 4) rechtskräftig werden ließ (Band I Blatt 21 d.A.).

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, dass das Unfallereignis für ihren Kraftfahrer auch unter Beachtung der größtmöglichen Sorgfalt unabwendbar gewesen sei. Hierzu hat sie behauptet, der Beklagte zu 4) sei unter grober Missachtung des Vorfahrtsrechts des Fahrzeugführers ihres Lkw weit vor dem Ende des Beschleunigungsstreifens unvermittelt auf die BAB 2 eingefahren. Zu diesem Zeitpunkt sei ihr Kraftfahrer noch ca. 50m von dem gegnerischen Lkw entfernt gewesen. Er habe nicht damit gerechnet und auch nicht damit rechnen müssen, dass der wesentlich langsamer fahrende, von dem Beklagte zu 4) geführte Lkw noch unmittelbar vor ihm auf die rechte Fahrspur wechsele. Der Zeuge K. habe sofort eine Vollbremsung eingeleitet und gleichzeitig eine Ausweichlenkbewegung nach links vollzogen, wodurch der Lkw ins Kippen geraten sei. Sie hat des weiteren vorgetragen, eine andere unfallverhütende Reaktion als ein Ausweichmanöver könnte auch von einem idealtypischen Fahrer nicht erwartet werden. Wäre der Zeuge K. auf der rechten Fahrspur verblieben, wäre eine Kollision mit dem auf die BAB 2 auffahrenden Lastzug der Beklagten zu 2) unvermeidbar gewesen. Die allenfalls geringfügige Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch den klägerischen Fahrzeugführer sei für den Unfall dagegen nicht ursächlich geworden. Die Lkw-Ladung sei im Übrigen vorschriftsgemäß gesichert gewesen; keinesfalls sei der Sattelzug der Klägerin mit Zuckerrüben überladen gewesen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 16.801,78 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz der EZB seit dem 24.4.2004 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, der Zeuge K. habe die BAB 2 mit...

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