Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschlussanfechtung

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Beschluss vom 25.02.1999; Aktenzeichen 1 T 400/98)

AG Speyer (Beschluss vom 26.11.1998; Aktenzeichen 3 UR II 28/98 WEG)

 

Tenor

1. Auf die sofortige weitere Beschwerde werden der angefochtene Beschluss des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) und der Beschluss des Amtsgerichts Speyer vom 26. November 1998 aufgehoben.

Das Verfahren wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Beschwerdeverfahren beider Rechtszüge, an das Amtsgericht Speyer zurückverwiesen.

2. Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 2.000,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten über die Umlage anfallender Aufzugskosten. In ihrer aus mehreren Häusern bestehenden Wohnanlage ist nur das Haus 1, in dem sich u.a. behindertengerecht ausgebaute Wohnungen und eine Praxis für Physiotherapie befinden, mit einem Aufzug ausgestattet. § 9 der Gemeinschaftsordnung, die Bestandteil der Teilungserklärung ist, regelt die Verteilung von „Nutzungen, Lasten und Kosten”. Nach Nr. 1 ist jeder Wohnungseigentümer den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen (§ 16 Abs. 2 WEG), vorbehaltlich einer besonderen Regelung. Eine solche besteht in § 9 Nr. 7 Gemeinschaftsordnung z.B. für Heizungs- und Garagenkosten. Aufzugskosten sind danach als „sonst anfallende Kosten” ebenfalls nach Miteigentumsanteilen gemäß § 16 WEG aufzuteilen. Außerdem heißt es dort:

„Die Eigentümerversammlung kann mit 2/3-Mehrheit aller Stimmen die Umlageschlüssel einzelner Kosten ändern.”

Ohne dass ein entsprechender Beschluss gefasst wurde, sind in der Vergangenheit über Jahre hinweg gleichwohl die Aufzugskosten nur den Erwerbern des Hauses 1 in Rechnung gestellt worden. Zu dieser Verfahrensweise sind Einzelheiten bislang nicht festgestellt. Zuletzt erfolgte die Umlage der Aufzugskosten jedoch wieder entsprechend der Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung auf sämtliche Wohnungseigentümer nach Anteilen. Über die Hintergründe der Einbeziehung aller Häuser sind die Parteien unterschiedlicher Auffassung.

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 17. Juli 1998 ist unter TOP Nr. 6 der Umlageschlüssel für die Fahrstuhlkosten mit 2/3-Mehrheit dahin geändert worden, dass dieser ausschließlich von den Miteigentümern des Hauses 1 zu tragen sind. Die Antragsteller – alle Bewohner des Hauses Nr. 1 – halten diesen Beschluss für ungültig, da eine Änderung des Verteilungsschlüssels nur einstimmig vorgenommen werden könne. Ihren Antrag, den Beschluss für ungültig bzw. nichtig zu erklären, hat das Amtsgericht zurückgewiesen, die hiergegen eingelegte Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben.

Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Ziel weiter. Sie machen in erster Linie geltend, dass es an einem für die Änderung erforderlichen sachlichen Grund fehle. Ihre unbillige Benachteiligung aufgrund der Neuregelung ergebe sich daraus, dass sie nun innerhalb der Wohnungsgemeinschaft die Unkosten aufgrund von allen akzeptierter gewerblicher Nutzung des Hauses 1 allein zu tragen hätten.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 43 Abs. 1 Nr. 4, 45, Abs. 1 WEG, 29 Abs. 1 und 2, 27, 22 Abs. 1 FGG). Insbesondere ist der in § 45 Abs. 1 WEG vorausgesetzte Beschwerdewert erreicht. Dieser ist vom Geschäftswert des § 48 Abs. 3 WEG zu unterscheiden und bemisst sich nur nach dem Vermögenswerten Belangen, die den konkreten Beschwerdeführer betreffen, wenn es bei der angefochtenen Entscheidung verbleibt (vgl. BGH NJW 1992, 3305). Sind – wie hier – mehrere Beteiligte von einer Maßnahme betroffen, ist eine Addition der Beschwerdewerte vorzunehmen (Senat, Beschluss vom 24. Mai 1994 – 3 W 43/94; BayObLG, ZMR 1994, 34; Bärmann/Pick/Merle, WEG 7. Aufl. § 45 Rdnr. 29). Ausgehend von diesen Grundsätzen übersteigt hier der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 1.500,– DM. Dazu nimmt der Senat auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts zur Erstbeschwerde Bezug.

2. In der Sache führt das Rechtsmittel zu einem vorläufigen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung kann keinen Bestand haben, da sie auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO).

Zur Begründung haben Amts- und Landgericht ausgeführt, nach der getroffenen Regelung in der Gemeinschaftsordnung gebe es keine Bestandsgarantie, da dort Fahrstuhlkosten nicht ausdrücklich aufgeführt seien. Deshalb bestehe kein Vertrauensschutz dahingehend, dass zu diesem Punkt in Zukunft keine ausdrückliche Regelung getroffen werden könne. Wenn bei der Willensentscheidung über die ursprüngliche Gemeinschaftsordnung von der Abänderungsbefugnis kein Gebrauch gemacht worden se...

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