Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufstellung einer mobilen Parabolantenne

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Frage, ob die Wohnungseigentümer verpflichtet sind, das Aufstellen einer mobilen Parabolantenne zu dulden, ist auf der Grundlage der Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten zu beurteilen.

2. Das Festhalten an einem generellen Verbot von Parabolantennen kann treuwidrig sein, wenn diese aufgrund ihrer Größe und des Installationsortes das optische Erscheinungsbild der Wohnanlage nicht beeinträchtigen und auch sonstige Interessen der Wohnungseigentümer nicht berührt sind.

 

Normenkette

EMRK Art. 10 Abs. 1; GG Art. 5 Abs. 1 S. 1, Art. 14 Abs. 1 S. 1; WEG § 10 Abs. 1 S. 2, § 14 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Landau (Pfalz) (Beschluss vom 21.10.2005; Aktenzeichen 3 T 20/05)

AG Kandel (Aktenzeichen UR II 101/04.WEG)

 

Tenor

I. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG Landau i.d. Pfalz zurückverwiesen.

II. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 4.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde ist gem. §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, §§ 20, 27, 29 Abs. 1 und 4 FGG zulässig.

In der Sache führt das Rechtsmittel zu einem vorläufigen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 43 Abs. 1 WEG, § 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO). Das LG hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt (§ 12 FGG).

Die Kammer hat den von dem Beteiligten zu 1) geltend gemachten Anspruch, ihm das Aufstellen einer mobilen Parabolantenne auf dem Balkon seiner Eigentumswohnung zu gestatten, letztlich mit der Begründung zurückgewiesen, der Beteiligte zu 1) könne sich ggü. dem "eindeutig drohenden optisch nachteiligen Eindruck" nicht auf eigene schutzwürdige Interessen berufen, die denjenigen der Eigentümergemeinschaft vorgehen. Dieses Ergebnis tragen die von der Kammer getroffenen Feststellungen jedoch nicht. Die Frage, ob die übrigen Wohnungseigentümer (Beteiligte zu 2) verpflichtet sind, das von dem Beteiligten zu 1) geplante Aufstellen einer mobilen Parabolantenne zum Satelittenempfang zu dulden, ist auf der Grundlage der Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten zu beurteilen. Auszugehen ist hierbei von der in § 7 Nr. 10c) der Teilungserklärung vom 9.1.1991 getroffenen Vereinbarung, wonach die Anbringung von Außenantennen nicht gestattet ist. Mangels anderweitiger gesetzlicher Regelungen können die Wohnungseigentümer gem. § 10 Abs. 1 S. 2 WEG von den Vorschriften des § 14 WEG abweichende Vereinbarungen treffen (vgl. BGH v. 22.1.2004 - V ZB 51/03, MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = BGHReport 2004, 449 m. Anm. Hogenschurz = NJW 2004, 937 [940], m.w.N.). Dies gilt nach der Rechtsprechung des BGH auch dann, wenn derartige Vereinbarungen eine Einschränkung der grundrechtlich geschützten Informationsfreiheit eines Wohnungseigentümers zur Folge haben (vgl. hierzu auch Senat ZWE 2002, 238 [240]). Die Möglichkeit einer solchen privatautonomen Regelung wird ihrerseits durch Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistet (BVerfG WuM 1981, 77). Hieraus folgt im Grundsatz die Möglichkeit, in der Gemeinschaftsordnung Regelungen zu treffen, die die Befugnis zur Anbringung von Parabolantennen einschränken. Eine solche, die Nutzungsbefugnisse von Wohnungseigentümern einschränkende Vereinbarung unterliegt jedoch der Inhaltskontrolle nach den Maßstäben des § 242 BGB (vgl. BGH v. 22.1.2004 - V ZB 51/03, MDR 2004, 563 m. Anm. Hogenschurz = BGHReport 2004, 449 m. Anm. Hogenschurz = NJW 2004, 937 [940], m.w.N.; v. 21.10.1993 - III ZR 68/92, MDR 1994, 558 = NJW 1994, 2950 [2952]). Ausgehend hiervon kann etwa das Festhalten an einem generellen Verbot von Parabolantennen treuwidrig sein, wenn Satellitenempfangsanlagen inzwischen aufgrund ihrer Größe und der nun geeigneten Installationsorte das optische Erscheinungsbild der Wohnanlage nicht beeinträchtigen und auch sonstige berechtigte Interessen der Wohnungseigentümer nicht berührt sind. Dem haben die Wohnungseigentümer im hier vorliegenden Fall durch den am 18.9.2002 gefassten Beschluss Rechnung getragen, in welchem sie das generelle Verbot von Außenantennen dahin relativiert haben, dass Ausnahmen von dieser Regelung schriftlich zu beantragen sind. Sie bedürfen als Einzelfallregelung der gemeinsamen Zustimmung von Verwaltungsbeirat und Verwalter. Dabei sind - unter Berücksichtigung der Rechtslage - die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers abzuwägen gegen die Interessen der Eigentümergemeinschaft, insb. hinsichtlich einer "möglichen Beeinträchtigung der Außenansicht des Anwesens". An der Wirksamkeit dieses - mangels entgegenstehender Anhaltspunkte unangefochten gebliebenen - Beschlusses bestehen keine Bedenken; er ist auch nicht nichtig. Denn die Wohnungseigentümer können durch Mehrheitsbeschluss nach § 15 Abs. 2 WEG den Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaf...

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