Leitsatz (amtlich)

1. Mit dem Einwand, der dem titulierten Auskunftsanspruch zugrunde liegende Pflichtteilsanspruch sei verjährt, kann der Schuldner im Verfahren nach § 888 ZPO nicht gehört werden.

2. Auch wenn die Prozessfähigkeit eines unter Betreuung stehenden Schuldners zweifelhaft ist, bedarf es hierzu im Verfahren nach § 888 ZPO keiner Feststellungen.

 

Normenkette

ZPO §§ 51-53, 767, 888; BGB § 104 Nr. 2, §§ 1902, 2314 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 3 O 1039/95)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen; jedoch wird klargestellt, dass die ersatzweise verhängte Zwangshaft an dem Betreuer der Schuldnerin, Rechtsanwalt K…, …, zu vollziehen ist.

II. Die Schuldnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Das in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Rechtsmittel (§§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 und 2 ZPO) ist unbegründet. Mit Recht hat das LG gegen die Schuldnerin ein Zwangsgeld i.H.v. 15.000 Euro, ersatzweise Zwangshaft, verhängt, weil diese der unter Ziff. 1 Buchst. b des Teil-Anerkenntnisurteils des LG Frankenthal (Pfalz) vom 21.9.1995 titulierten Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Der Senat hat lediglich klargestellt, dass die ersatzweise verhängte Zwangshaft an dem im Tenor näher bezeichneten gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist.

1. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung liegen vor. Das Teil-Anerkenntnisurteil vom 21.9. 1995 ist der Schuldnerin am 18.8.1997 zugestellt worden. Am 18.10.1995 wurde den Gläubigervertretern vollstreckbare Ausfertigung erteilt. Der Auskunftsanspruch hat eine unvertretbare Handlung zum Gegenstand, die im Verfahren nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist (vgl. etwa OLG Zweibrücken, Beschl. v. 21.3.1997 – 3 W 51/97; v. 9.6.2000 – 3 W 118/00; Palandt/Edenhofer, BGB, 62. Aufl., § 2314 Rz. 20 m.w.N.).

2. Die Zwangsvollstreckung begegnet auch im Weiteren keinen Bedenken.

a) Die Verhängung des Zwangsgeldes scheitert nicht an der Erfüllung des titulierten Anspruchs, denn die Schuldnerin hat – wie sie selbst einräumt – bislang nicht in dem titulierten Umfang Auskunft erteilt.

Ob die Schuldnerin hieran ein Verschulden trifft, ist unerheblich. Zwangsgeld und Zwangshaft i.S.v. § 888 ZPO sind reine Beugemaßnahmen. Anders als etwa im Verfahren nach § 890 ZPO kommt es deshalb auf ein Verschulden der Schuldnerin nicht an (vgl. etwa OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.6.2000 – 3 W 118/00; v. 23.10.2001 – 3 W 195/01; OLG Köln v. 17.1.1997 – 3 W 52/96, OLGReport Köln 1997, 150 = VersR 1997, 723; OLG Hamm v. 14.11.1985 – 4 W 106/85, NJW-RR 1987, 765 [766]; v. 18.2.1988 – 14 W 147/87, NJW-RR 1988, 1087 [1088]; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 888 Rz. 16; Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 888 Rz. 7). Eine andere Betrachtungsweise wäre nur dann geboten, wenn der Schuldnerin die Erfüllung ihrer titulierten Pflicht unmöglich geworden wäre (vgl. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.6.2000 – 3 W 118/00; v. 23.10.2001 – 3 W 195/01; OLG Hamm v. 18.2.1988 – 14 W 147/87 = NJW-RR 1988, 1087 [1088]). Voraussetzung für die Feststellung der Unmöglichkeit ist aber, dass der Vollstreckungsschuldner alle ihm möglichen Anstrengungen unternommen hat, um den titulierten Anspruch zu erfüllen. Da der Vollstreckungsgläubiger naturgemäß dazu keinen umfassenden Sachvortrag bringen kann, ist es Sache des Schuldners, seine diesbezüglichen Bemühungen in überprüfbarer und substantiierter Weise aufzuzeigen. Dabei muss das Maß der Anforderungen an die Substantiierung von Behauptungen umso strenger sein, je mehr der Einwand des Schuldners, die Leistung sei ihm unmöglich, der Lebenserfahrung widerspricht (vgl. OLG Zweibrücken v. 17.3.1998 – 3 W 53/98, OLGReport Zweibrücken 1998, 751, NJW-RR 1998, 1767 [1768]; Beschl. v. 30.10.2002 – 3 W 201/02).

Hier hat die Schuldnerin keine hinreichenden Umstände für die behauptete Unmöglichkeit vorgetragen. Es ist unerheblich, ob sie im Blick auf ihren Gesundheitszustand selbst in der Lage ist, die geschuldete Auskunft zu erteilen. Für sie ist ein Betreuer bestellt, dem u.a. der Aufgabenkreis der Vermögenssorge übertragen worden ist. Er ist daher insoweit als ihr gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) berufen, den gegen sie gerichteten Anspruch zu erfüllen. Die Schuldnerin hat jedoch nicht im Einzelnen dargelegt, in welcher Art und Weise sie und ihr Betreuer sich um die Errichtung eines notariellen Vermögens- und Nachlassverzeichnisses bemüht haben. Hierzu bestand genügend Gelegenheit, so dass es eines richterlichen Hinweises zur Dokumentation nicht bedarf. Im Übrigen ist es Sache der Schuldnerin, zur Erfüllung des geltend gemachten Auskunftsanspruchs eigene Ansprüche gegen Dritte ggf. gerichtlich durchzusetzen. Dass die Schuldnerin dahin gehende Schritte geprüft und eingeleitet hätte, ist weder ersichtlich noch dargetan.

b) Auch der Einwand des Rechtsmissbrauchs greift nicht durch. Die Schuldnerin begründet ihn mit der Erwägung,...

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