Leitsatz (amtlich)

Bei fehlender qualifizierter elektronischer Signatur kommt eine wirksame Einreichung aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) nur in Betracht, wenn die vom sicheren Übermittlungsweg ausgewiesene Person mit der das elektronische Dokument verantwortenden Person identisch ist. Soweit ein Rechtsanwalt sich in eigener Sache selbst vertritt, enthebt es ihn nicht von der Einhaltung der Vorschriften hinsichtlich der wirksamen elektronischen Einreichung über das beA.

 

Normenkette

ZPO §§ 130a, 130d

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 4 O 6/08)

 

Tenor

1. Der Antrag vom 7. März 2023 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der unverzüglichen Anbringung des Ablehnungsgesuchs wird verworfen.

2. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

4. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf die Gebührenstufe bis zu ... EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die mit Kammerbeschluss des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 2. August 2022 erfolgte Zurückweisung eines gegen die Vorsitzende ... angebrachten Ablehnungsgesuchs. Der Kläger ... ist Rechtsanwalt, seine Ehefrau ... ist ebenfalls Rechtsanwältin. Beide stehen im Briefkopf der von Klägerseite im Prozess eingereichten Anwaltsschriftsätze; die Ehefrau des Klägers unter "Büro X-Stadt", der Kläger unter "Büro Y-Stadt".

... In der Hauptsache macht der Kläger (Zessionar) mit seiner am ... eingegangenen Klage, die er im Laufe des Verfahrens in einzelnen Punkten erweitert hat, ...ansprüche ... seiner Ehefrau (Zedentin) geltend. Diese wurden ihm von ihr abgetreten.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 7. Juni 2022 (... Prüfvermerk bzgl. Übermittlung aus besonderem elektronischem Anwaltspostfach (beA) ...) hat der Kläger ein Ablehnungsgesuch ("Befangenheitsantrag") angebracht, eingeleitet mit den Worten: "(...) lehnen wir im Namen des Klägers die Vorsitzende (...) erneut wegen Besorgnis der Befangenheit ab" ... Der Anwaltsschriftsatz schließt mit der handschriftlichen Unterschrift der Ehefrau des Klägers (...) und darunter dem maschinenschriftlichen Zusatz "Rechtsanwältin" ... und wurde auf sicherem Übermittlungsweg aus dem beA des Klägers (...) übermittelt. Das Landgericht hat sich mit dem Ablehnungsgesuch in der Sache befasst und dieses mit Beschluss vom 2. August 2022 ... zurückgewiesen. Mit richterlicher Verfügung vom 2. August 2022 ... wurden diesbezüglich eine formlose Hinausgabe an die Parteien sowie eine "Wiedervorlage nach Ablauf Beschwerdefrist" verfügt ...

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner sofortigen Beschwerde, zunächst mit Anwaltsschriftsatz vom 17. August 2022 ..., in dem es einleitend heißt: "legen wir gegen den Beschluß des Landgerichts Frankenthal vom 2.8.2022, im Anwaltspostfach eingegangen am 4.8.22 sofortige Beschwerde ein". Auch dieser Schriftsatz endet mit der handschriftlichen Unterschrift der Ehefrau des Klägers (...) und darunter dem maschinenschriftlichen Zusatz "Rechtsanwältin" .... Er wurde am 17. August 2022 wiederum auf sicherem Übermittlungsweg aus dem beA des Klägers (...) übermittelt (vgl. Prüfvermerk ...). Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 5. September 2022 ... nicht abgeholfen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 5. Oktober 2022 ... hinsichtlich des Rechtsmittels auf Zulässigkeitsbedenken hingewiesen (§ 569 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 130d Satz 1, § 130a Abs. 1, 3 u. 4 Nr. 2 ZPO). Dies mit Blick darauf, dass weder eine qualifizierte elektronische Signatur vorhanden war noch eine (einfache) Signatur des Klägers, aus dessen beA die Einreichung erfolgt ist. Insoweit wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass zwischen der vom sicheren Übermittlungsweg als Absender ausgewiesenen Person, dem Kläger, und der Person, welche die inhaltliche Verantwortung für das elektronische Dokument übernehmen wollte, der Ehefrau (Rechtsanwältin ...), keine Identität besteht mit der Folge, dass das Dokument nicht ordnungsgemäß eingereicht ist. Der Kläger hat hierzu mit Anwaltsschriftsatz vom 7. November 2022 ... Stellung genommen, u.a. einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt, und zudem mit Schriftsatz vom selben Tag - erneut - sofortige Beschwerde eingelegt ... Die beiden Schriftsätze schließen mit der handschriftlichen Unterschrift der Ehefrau des Klägers (...) ab und darunter mit dem maschinenschriftlichen Zusatz "Rechtsanwältin". Sie wurden jeweils aus ihrem beA übermittelt (vgl. Prüfvermerke vom 7. November 2023).

Mit Beschluss vom 9. Februar 2023 ... hat der Senat ergänzend darauf hingewiesen, dass er in dem Beschwerdeschriftsatz vom 7. November 2022 nunmehr eine wirksame Beschwerdeeinlegung sieht, wobei insbesondere mangels Zustellung des angefochtenen Beschlusses vom 4. August 2022 eine Beschwerdefrist nicht in Gang gesetzt worden war. Zugleich hat der Senat allerdings den Hinweis erteilt, dass bereits das Ablehnungsgesuch vom ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge