Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchführung des Versorgungsausgleichs. Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster Instanz

 

Verfahrensgang

AG Zweibrücken (Beschluss vom 19.02.1999; Aktenzeichen 1 F 149/85)

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Zweibrücken vom 19. Februar 1999 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Dieses wird angewiesen, über die Bewilligung der nachgesuchten Prozesskostenhilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu befinden.

 

Gründe

Das Familiengericht hat die nachgesuchte Prozesskostenhilfe unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Pfälzischen Oberlandesgerichts mit der Begründung versagt, dass nach Abschluss des Verfahrens keine Prozesskostenhilfe mehr gewährt werden könne.

Die hiergegen eingelegte nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und zulässige Beschwerde führt zu einem vorläufigen Erfolg.

Bei der Entscheidung über eine rückwirkende Gewährung von Prozesskostenhilfe sind verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden und rechtlich unterschiedlich zu würdigen.

Waren im Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Antragstellung bereits sämtliche Kosten angefallen, so kann Prozesskostenhilfe nicht mehr bewilligt werden. Prozesskostenhilfe kann deshalb nicht gewährt werden, wenn sie erst nach Abschluss der Instanz beantragt wird. Dies gilt regelmäßig auch dann, wenn der Prozesskostenhilfeantrag erst nach Ende der – letzten – mündlichen Verhandlung gestellt wird (vgl. MünchKomm-Wax, ZPO, 1. Aufl., § 114 Rdnr. 70; OLG Karlsruhe, FamRZ 1996, 1287; Musielak/Fischer, ZPO, 1. Aufl., § 114 Rdnr. 13; Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 119 Rdnr. 37 und § 114 Rdnr. 20 a).

Eine rückwirkende Gewährung von Prozesskostenhilfe ist auch dann unzulässig, wenn die Bewilligungsreife, auf deren Zeitpunkt maßgeblich abzustellen ist, erst nach dem Ende der Instanz eintritt. Mit anderen Worten: eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Beendigung der Instanz kommt nur in Betracht, wenn der Antrag vor Abschluss der Instanz positiv hätte beschieden werden können. Voraussetzung ist ein formgerechter und vollständiger Antrag (§ 117 ZPO), über den im ordentlichen Geschäftsgang noch vor Beendigung der Instanz hätte entschieden werden können (vgl. OLG Celle, OLG-Report 1997, 33; OLG Frankfurt, OLG-Report 1993, 122; OLG Brandenburg, FamRZ 1998, 249; MünchKomm-Wax, a.a.O., § 114 Rdnrn. 70; Musielak/Fischer, a.a.O., § 119 Rdnr. 11; Zöller/Philippi, a.a.O., § 119 Rdnr. 39).

Ob bei sogenannten „steckengebliebenen” Prozesskostenhilfeanträgen dem Antragsteller auch noch nach Beendigung der Instanz oder des Verfahrens Prozesskostenhilfe gewährt werden kann, bedarf einer weiteren differenzierten Betrachtung. So stellt sich die Frage, ob für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allein auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung abzustellen ist oder aber die Erfolgsaussicht im Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Antragstellung gegeben sein muss. Ausgehend vom Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Antragstellung wird die Erfolgsaussicht nach verbreiteter Auffassung stets nach dem Erkenntnisstand im Zeitpunkt der Entscheidung über das Gesuch beurteilt; hiervon abweichend wird vertreten, dass die Erfolgsaussicht nach dem Zeitpunkt der rechtzeitigen Entscheidung zu beurteilen ist (vgl. zu alledem: OLG Hamm, FamRZ 1997, 1018; MünchKom-Wax, a.a.O., § 114 Rdnrn. 70 ff; Musielak/Fischer, a.a.O., § 119 Rdnr. 14; Zöller/Philippi, a.a.O., § 119 Rdnr. 45, 46 jew.m.w.N.).

In Rechtsprechung und Literatur besteht indes weitgehend Einigkeit, dass jedenfalls dann, wenn rechtzeitig um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgesucht worden ist und der dahingehende, Antrag vor Abschluss der Instanz sowohl aus damaliger Sicht als auch retrospektiv positiv hätte beschieden werden können, nachträglich Prozesskostenhilfe zu gewähren ist. In diesem Fall erscheint es nicht hinnehmbar, den Antragsteller auf einen anderweitig zu verfolgenden Ersatzanspruch gegen die Landeskasse zu verweisen (vgl. BGH, FamRZ 1982, 367 unter II. 1; OLG Zweibrücken, JurBüro 1982, Sp. 1259 m. Anm. Mümmler; OLG Hamm, FamRZ 1997, 1018; MünchKomm-Wax, a.a.O., § 114 Rdnr. 76; Musielak/Fischer, a.a.O., § 119 Rdnr. 11; Zöller/Philippi, a.a.O., § 119 Rdnr. 43 jew.m.w.N.). Sollte der Senat in der Vergangenheit hierzu vereinzelt eine abweichende Auffassung vertreten haben, wird hieran nicht festgehalten.

Ob Anderes dann gilt, wenn der Antragsteller trotz Nichtbescheidung seines rechtzeitig gestellten PKH-Gesuchs vorbehaltlos zur Sache verhandelt ohne die Stellung des Sachantrags von der vorherigen Entscheidung über das spruchreife PKH-Gesuch abhängig zu machen (in diesem Sinne der 7. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts, Beschluss vom 19. Mai 1999 – 7 W 31/99 –), kann vorliegend mangels mündlicher Verhandlung im FGG-Verfahren dahinstehen.

An einer eigenen Sachentscheidung sieht sich der Senat gehindert. Die hinreichende Erfolgsaus...

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